Personalgewinnung:Zum Job per App

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Personalsuche per Smartphone-Apps liegt im Trend. Sie erleichtert Kandidaten die Bewerbung, zahlt sich aber auch für die Unternehmen aus.

Von Katharina Kutsche, München

Als Clemens Dittrich und seine Kommilitonen Matthes Dohmeyer und Tobias Krönke mit ihrem Studium fertig waren, fragten sie sich: "Wo sind denn die ganzen spannenden Jobs und Herausforderungen?" Also, erzählt Dittrich, bemühten sich die drei 2013 um ein Existenzgründer-Stipendium, mit dem sie die Job-App Truffls entwickelten. Die funktioniert wie die des Internet-Partnersuchportals Tinder: Nach rechts wischen bedeutet "ich habe Interesse an dem Job", nach links wischen heißt "dieser nicht". Truffls analysiert die Bewerber-Lebensläufe und stellt den Kontakt zu den Unternehmen her. Damit gehört sie zu Job-Apps wie Monster und Talentcube, die für die Stellensuche eine zunehmende Bedeutung erhalten.

Mobile Recruiting, zu Deutsch mobile Personalgewinnung, setzt darauf, dass Stellensuchende verstärkt ihr Smartphone für Bewerbungen nutzen. In der aktuellsten Ausgabe der Studienreihe Recruiting Trends der Universität Bamberg geben rund 40 Prozent der über 4800 Befragten an, unterwegs am Smartphone nach Jobs zu suchen, im Vorjahr waren es noch 16 Prozent. Und immerhin zwei Drittel der Arbeitsuchenden befürworten, dass ihnen Jobbörsen eine App für das Anzeigen offener Stellen anbieten.

Auch Unternehmen sehen eine Chance in der mobilen Rekrutierung. Mehr als 60 Prozent der befragten Firmen nehmen an, dass sie mit dieser Art der Personalgewinnung ihre Reichweite erhöhen und Kandidaten schneller ansprechen können. Außerdem präsentieren sie sich damit als moderne Arbeitgeber. Ein Hindernis für die Personaler, so die Bamberger Studie, ist allerdings, die unterschiedlichen Standards der Anbieter in ihre Abläufe zu integrieren. Schließlich müssen die Stellenanzeigen bei jeder Jobbörse von neuem hochgeladen und Bewerbungen bearbeitet werden.

Dies ist den drei Gründern und Entwicklern von Truffls bewusst, sie möchten die Jobsuche so einfach wie möglich gestalten. Die Nutzer benötigen nur ihren Lebenslauf, bewerben können sie sich ohne Motivationsschreiben. Wer seine Daten nicht von Hand eingeben möchte, kann seine Vita einscannen, die App werte die notwendigen Informationen aus, erklärt Dittrich. Der Algorithmus analysiere die so gewonnenen Daten und schlage passende Stellen vor. Wischt der Jobsucher nach rechts, sendet Truffls dem Unternehmen das anonyme Profil des Bewerbers. Wenn das Unternehmen das Interesse bestätigt, kann es das komplette Bewerber-Profil sehen und den Interessenten direkt in der App benachrichtigen. Im Schnitt seien die bisher rund 100 000 Jobsuchenden, die die App über iOS oder Android heruntergeladen haben, Anfang 30 mit etwa zwei Jahren Berufserfahrung, so der Truffls-Gründer.

Der Vorteil für Unternehmen, auf diese Art nach neuen Mitarbeitern zu suchen, sei, dass deren Stellenanzeige ausschließlich Kandidaten angezeigt werde, deren Profil tendenziell auf die ausgeschriebene Position passe, sagt Dittrich. Weil Bewerber nicht selbst suchen können, müssten sich die Firmen nicht mit Kandidaten befassen, die nicht genug qualifiziert seien.

Bei manchen Apps können die Bewerber auch Fragen per Video beantworten

Auch Internet-Stellenbörsen wie Monster, Stepstone und Jobware bieten ihren Nutzern eigene Apps an. Im Werbespot von Jobware etwa erhält eine junge Frau eine Jobzusage, als sie an der Supermarktkasse steht. Sogar die Bundesagentur für Arbeit hat für ihr Online-Portal eine App programmieren lassen. Dazu kommen weitere Konkurrenten, die Bewerbungen der etwas anderen Art ermöglichen, Talentcube zum Beispiel: Zusätzlich zum persönlichen Bewerberprofil können die Jobsuchenden eine Video-Botschaft übermitteln, in der sie drei Fragen des jeweiligen Unternehmens beantworten.

Inwieweit sich die mobile Arbeitsplatzsuche dauerhaft durchsetzt, ist noch nicht absehbar. Die Untersuchung der Bamberger Wissenschaftler zeigt nämlich auch, dass mehr als 90 Prozent der potenziellen Bewerber die Jobsuche weiterhin zu Hause vom Computer aus betreiben. Das ist naheliegend, schließlich sind Lebenslauf, Bewerbungsfoto und Zeugnisse in der Regel auf der heimischen Festplatte gespeichert.

Ein weiterer Aspekt ist, dass Unternehmen eine Bewerbung per App technisch ermöglichen müssen, entweder über eigene Portale oder über Accounts bei Anbietern wie Truffls. Dort sind die Unternehmens-Kunden in ihrem Profil sehr gemischt, sagt Dittrich. Von dem Großkunden Opel und dem Telefon- und Internetanbieter 1&1 bis hin zum schnell wachsenden Start-up sei alles dabei.

Für die Firmen kann die Nutzung einer Rekrutierungs-App auch für die eigene Markenbildung, das sogenannte Employer Branding, ein Vorteil sein. Mehr und mehr Bewerber informieren sich vorab über soziale Netzwerke über mögliche Arbeitgeber. Je einfacher aber die schnelle Bewerbung auf eine offene Stelle möglich ist, desto attraktiver wirkt das Unternehmen auf Kandidaten.

© SZ vom 19.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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