Opel:Rache des Mutterkonzerns

Lesezeit: 2 min

Die Opel-Mitarbeiter hegen den Verdacht, dass die bevorstehenden Sparaktionen von General Motors politisch motiviert sind. Polen, das wegen seiner Irak-Politik von US-Präsident Bush geschätzt wird, werde bei der Standortpolitik des Konzerns bevorzugt, heißt es.

Von Karl-Heinz Büschemann

Der Rüsselsheimer Betriebsrat ist sauer: "Das ist doch der reinste US-Imperialismus", schimpft der Belegschaftsvertreter über den harten Kurs der Muttergesellschaft General Motors (GM) gegenüber der deutschen Tochtergesellschaft Opel.

Opel-Mitarbeiter verlassen das Werk Bochum. (Foto: Foto: dpa)

Der größte Autokonzern der Welt, der Opel 1929 übernommen hat, will 12.000 der 62.000 GM-Arbeitsplätze in Europa streichen, die meisten davon bei Opel.

Am Firmen-Stammsitz Rüsselsheim geht die Sorge um, dass sogar der historische Ausgangspunkt der Marke mit dem Blitz zum Opfer der Sparaktion werden könnte, mit der GM die Milliarden-Verluste des europäischen Geschäfts in den Griff bekommen will. "Manchmal muss man hier den Colt auf den Tisch legen", droht der Belegschaftsvertreter.

Furcht der Belegschaft

Am Donnerstag will das Management die Grundzüge der Sanierung in Rüsselsheim bekannt geben. Die Belegschaft befürchtet, dass sie Einschnitte hinnehmen muss wie nie zuvor.

Der Grund ist, dass die Traditionsmarke im Konzern stark an Einfluss verloren hat. "Die Germans haben keine gute Position mehr im Konzern", sagt ein intimer Kenner des Unternehmens der Süddeutschen Zeitung.

Die amerikanischen Eigentümer im fernen Detroit sind sauer auf die Deutschen wie lange nicht mehr. Die hohen Arbeitskosten, welche die Produktion teurer machen als in allen andern Ländern Europas, tragen erheblich zu den GM-Verlusten bei, die in diesem Jahr wieder einige hundert Millionen Euro betragen werden.

"Deutschland hat ein Kostenproblem", schimpft der führende Manager Bob Lutz. Auch weil das Management die 2001 angekündigte Sanierung von Opel nicht geschafft hat, wächst der Frust über Rüsselsheim. "Wir können nicht ewig auf ein Wunder warten", erklärt ungeduldig der Konzernchef Rick Wagoner.

Opfer waren anderswo größer

"Wir haben den Eindruck, dass die Opfer woanders größer waren als in Deutschland", sagt ein hoher GM-Manager. In England wurde eine ganze Fabrik geschlossen, im Werk Antwerpen fiel eine ganze Schicht weg. Rüsselsheim dagegen bekam 2002 ein völlig neues Werk.

Die Sorge bei Opel ist so groß, dass sich manche Opelaner schon für politisch Verfolgte halten. "Die Herren in Detroit sind alle Bush-Anhänger", sagt ein Ex-Manager von Opel.

Verlagerung der Zafira-Produktion

Der Betriebsrat glaubt, dass bei GM politisch motivierte Entscheidungen gegen Opel laufen. So habe die Verlagerung der Produktion von 100.000 Zafiras pro Jahr vom Werk Bochum ins polnische Gleiwitz auch politische Gründe.

Polen, das wegen seiner Irak-Politik von US-Präsident George W. Bush geschätzt wird, hatte vor sechs Jahren 60 Kampfjets bei Lockheed-Martin bestellt, im Gegenzug von den Amerikanern aber die Schaffung von Arbeitsplätzen in Polen verlangt. GM-Manager Carl-Peter Forster bestreitet das nicht, sagt aber, für die Zafira-Verlagerung hätten nur die polnischen Kostenvorteile den Ausschlag gegeben.

Belege fehlen

Der Betriebsrat kann kaum belegen, dass bei GM die große Politik mitspielt. Richtig ist aber auch, dass die Führungsspitze von GM zu den Spendern für den Bush-Wahlkampf gehört. Es trifft auch zu, dass der Stabschef des Weißen Hauses, Andrew H. Card, als Lobbyist in den Diensten von GM stand, bevor er im November 2000 in den Führungskreis um Präsident Bush im Weißen Haus kam.

© SZ vom 13.10.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: