Opel: Deal mit Magna:Wladimir Putin, der Mann hinter Opel

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Der russische Staat wird zum größten Gesellschafter bei Opel. Ohne Premier Putin läuft nichts in Rüsselsheim. Hier wirkt eine neue Internationale: die der Staatskapitalisten.

Hans-Jürgen Jakobs

Zu dritt traten sie vor die Presse, um 2.15 Uhr am Samstagmorgen, und es sah alles nach einem ganz großen Deal aus. Da erklärten die Politiker Peer Steinbrück (SPD), Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Roland Koch (CDU) den staunenden Journalisten, warum Opel nun doch von Magna gerettet werde, dem kanadisch-österreichischen Autozulieferer.

Russlands starker Mann: Wladimir Putin, derzeit Premierminister (Foto: Foto: AFP)

Zwar ist es alles andere als gewiss, ob dieser kühne Plan jemals Realität wird - aber es ist doch auffällig, dass von der wichtigsten Größe bei der geplanten Opel-Sanierung überhaupt nicht die Rede war: vom russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin.

Stronach, kaum mehr ein Juniorpartner Putins

Es ist die vom russischen Staat, also von Putin, kontrollierte Sberbank, die künftig zum größten Gesellschafter bei der deutschen Marke mit dem Blitz aufsteigen soll. 35 Prozent sind für das russische Geldinstitut reserviert - so viel hält nur noch General Motors (GM), der bisherige Eigentümer von Opel.

Die Firma aus Detroit hat durch jahrelanges Missmanagement die deutsche Tochter in den Insolvenzstrudel gezogen. Der Magna-Eigentümer Frank Stronach, 76, jedoch, der in der Öffentlichkeit als Retter Opels gefeiert wird, ist in diesem Aufmarsch kaum mehr als ein Juniorpartner Putins.

Das Projekt zur Übernahme von Opel hieß intern bei Stronach und seinen russischen Freunden offenbar "Beam". Beam wie Lichtstrahl. Die Partner dachten sich, über den Coup in Rüsselsheim besser durch die dunkle Krise zu kommen.

Stronach, der mit 22 Jahren aus Österreich ausgewandert war und es zum Multimillionär gebracht hat, machte immerhin im ersten Quartal diesen Jahres 150 Millionen Euro Verlust. Sein Betrieb liefert den Autokonzernen nicht nur wichtige Teile, sondern kann ganze Autos selbst bauen, etwa den Porsche Boxster.

Der russische Premier Putin, der neue starke Mann hinter Opel, wiederum träumt von einer raschen Modernisierung des heimischen Automarkts. Sein Vollstrecker ist der Oligarch Oleg Deripaska und dessen Autofirma GAZ. Das GAZ-Händlernetz soll jetzt helfen, Opel-Fabrikate im ganzen Land bekannt zu machen. Das ist die ganze Wachstumshoffnung hinter dem Deal von Samstagnacht.

Deripaska pflegt seit Längerem schon enge Beziehungen zu Magna und Stronach: Auf Pump kaufte er sich 2007 sogar mit 20 Prozent beim kanadisch-österreichischen Zulieferer ein, doch aufgrund der Wirtschaftskrise - die auch Oligarchen beutelt - musste er den Anteil wieder versilbern. Der Mann hat 25 Milliarden Dollar Schulden.

Die Sberbank, der offiziell neue Gesellschafter bei Opel, stört das alles wenig. Hier hat Vorstandschef German Gref, ehemals Wirtschaftsminister, ganz auf Expansion geschaltet. Er wolle den "Elefanten zum Tanzen" bringen, verkündete der Putin-Vertraute.

Die russische Connection hat bei Opel vor allem Wirtschaftsminister Guttenberg nicht überzeugt. Vor allem fiel auf, dass Investor Stronach bei Opel kein Eigenkapital einsetzen wollte, sondern ganz auf staatliche Hilfe vertraute.

Wenig vertrauenerweckend ist auch, dass Magna Entertainment Pleite machte: Hier hat Stronach mit Rennbahnen aufs Pferdegeschäft gesetzt.

CSU-Politiker Guttenberg plädierte schließlich für den Mitbewerber Fiat, der aber aus dem Bieterverfahren ausstieg - genervt von immer neuen Finanzlöchern und Forderungen bei GM. Ersatzweise plädierte der Wirtschaftsminister für eine "geordnete Insolvenz".

Den SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier ficht das nicht an. Der Bundesaußenminister ist zwar bislang als Ökonom noch nicht groß aufgefallen, doch rechtzeitig zum Beginn des Bundestagswahlkampfs trat er in Rüsselsheim vor der Opel-Belegschaft auf und versprach, sich um die Arbeitsplätze zu kümmern. Er hat die Wirtschaft entdeckt. Sein Thema wurde Opel. Sein Helfer wurde, indirekt: Putin.

Früh schon entschied sich Steinmeier für den Investor Magna. Es gibt hier einen prominenten Sozialdemokraten, der im Aufsichtsrat sitzt: der frühere österreichische Bundeskanzler Franz Vranitzky. Der lobt gern die Kraft von Magna und dessen Betrieb Magna Steyr in der Steiermark: "BMW könnte ohne den Steyr-Betrieb nicht mehr leben", sagt er beispielsweise.

Von Steinmeier, den langjährigen Chef des Bundeskanzleramts, ist es nicht weit zu einem anderen Regierungschef: Gerhard Schröder. Ihm hat Steinmeier viele Jahre treu als Majordomus gedient.

Der Altkanzler aus Hannover ist bekanntlich gut mit Putin betraut und steht als Aufsichtsratschef einem russisch-deutschen Konsortium vor, das sich um Ölpipelines in der Ostsee kümmert. Opel wäre, wenn alles klappt, dann der nächste russisch-deutsche Firmenzusammenschluss von Gewicht.

Ein besonderes Beispiel von Völkerverständigung

Offenbar gibt es hier eine neue Internationale, eine Internationale des Staatskapitalismus. So wie die Sberkank von Putins Gnaden im Weltmarkt mitmischt, so wäre Opel ohne die versprochenen Staatsbürgschaften von 4,5 Milliarden Euro nicht lebensfähig.

Immerhin macht der deutsche Autobauer, der jetzt die Trennung vom GM-Konzern sucht, in diesem Jahr vermutlich bis zu drei Milliarden Euro Verlust.

Noch sind nur Vorverträge zwischen GM und Magna unterschrieben. Es gibt ein memorandum of understanding, mehr nicht schon morgen, spätestens übermorgen, kann in dieser Sache alles anders aussehen.

Und es bleibt abzuwarten, wie bei Opel zwischen den Putin-Leuten in Moskau, den operativ Verantwortlichen in Rüsselsheim, den wirtschaftspolitischen Strippenziehern in Washington und der GM-Konzernleitung in Detroit hin- und hergeschaltet wird. Das dürfte ein besonderes Beispiel von Völkerverständigung werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel jedenfalls hat in der Causa Opel rechtzeitig mit Russlands Premier Putin telefoniert, dem einst in Dresden stationierten Ex-KGB-Agenten. Wichtige Fragen wurden geklärt. Die CDU-Chefin weiß, auf wen es jetzt ankommt.

"Beam" - der Lichtstrahl kommt aus Osten.

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