Österreich:Insiderhandel nur ein Kavaliersdelikt

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In der Alpenrepublik wird über härtere Strafen für illegale Börsengeschäfte debattiert. Das Problem: Es gibt nur eine schwache Aufsicht.

Von Wolfgang Simonitsch

(SZ vom 13.08.2003) — Fragwürdige Geschäfte an der Wiener Börse haben in Österreich eine Debatte über schärfere Strafen für Marktmissbrauch ausgelöst. Justizminister Dieter Böhmdorfer will Insiderhandel künftig mit Gefängnis von fünf bis zehn Jahren bestrafen.

Derzeit drohen Insidern relativ milde Sanktionen: So sieht das Börsengesetz als Höchststrafe bis zu zwei Jahre Haft oder bis zu 360 Tagessätze von bis zu 327 Euro vor.

Außergerichtliche Einigung möglich

Ertappte Täter müssen bislang auch nicht mit einem Gerichsverfahren rechnen. Sie können sich außergerichtlich mit dem Staatsanwalt einigen. So hat etwa der Vorstandsvorsitzende der Linzer Voestalpine, Franz Struzl, dem Insidervergehen vorgeworfen wurden, ein Strafe von 50000 Euro ausgehandelt, die Höchststrafe hätte 58.000 Euro betragen können.

Die Möglichkeit einer so genannten Diversion gibt es in Österreich grundsätzlich für Delikte ohne schweres Verschulden, für die Laienrichter zuständig sind und deren Strafhöchstmaß fünf Jahre Haft vorsieht. Diese Möglichkeit könnte künftig zumindest in schweren Fällen verbaut sein.

Auch die seit neun Monaten tätige Finanzmarktaufsicht (FMA) will härtere Gesetze gegen Insidergeschäfte und andere Marktvergehen. Bisher hat sie bei einschlägigen Strafverfahren nichts zu melden. Nun will die FMA vor Gericht etwa das Recht erhalten, Einspruch zu erheben. Bislang wird sie bei Insiderfällen vor Gericht lediglich als Zeuge oder als Sachverständiger gehört.

Zusätzlich will sie bei der Aufklärung von Verdachtsfällen das Recht erhalten, bei Emittenten vor Ort nach kurzfristiger Anmeldung prüfen zu dürfen. Noch darf die FMA Unterlagen lediglich anfordern. Um wie im jüngsten Fall Voest-Alpine Insidergeschäfte zu verhindern, drängt die FMA auch darauf, dass Vorstände jedes Handelsgeschäft mit Konzernaktien nicht nur wie bisher vertraulich an die FMA melden, sondern künftig auch auf der Firmen-Homepage publizieren müssen, also öffentlich machen.

Unzufriedene Kapitalmarktaufseher

Sehr unzufrieden sind die Kapitalmarktaufseher auch damit, dass verwaltungsrechtliche Verstöße gegen das Börsengesetz wie Kavaliersdelikte bestraft werden. Die Höchststrafe liegt bei 20000 Euro. Als jüngstes Beispiel für einen solchen Verstoß könnte sich der rätselhafte Verkauf von 1,3 Millionen Aktien der VA-Tech erweisen.

Das Geschäft, das Marktbeobachter für ein Scheingeschäft halten, war am vergangenen Freitag in nur wenigen Sekunden abgewickelt worden.Die FMA prüft nun, ob die verkaufende Staatsholding ÖIAG ihren neunprozentigen VA-Tech-Anteil, der praktisch ohne Kursbewegung zum Preis von etwa 35 Millionen Euro und vermittelt von der Deutschen Bank über die Bühne ging, nach verbotenen Vorabsprachen mit Investoren verkauft hat.

"Höhere Geldbußen wären ein positives Signal für Wien", sagt ein FMA-Sprecher. Auch der Kapitalmarkt-Beauftragte der Regierung, Richard Schenz, fordert härteres Vorgehen gegen Marktsünder, um das von vielen Gerüchten über Insidergeschäfte ramponierte Image der Wiener Börse zu verbessern.

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