Österreich:Ein fescher Skandalminister

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Karl-Heinz Grasser, der ebenso junge wie prätentiöse Herr über Österreichs Finanzen, steht im Zwielicht.

Michael Frank

(SZ vom 26.06.2003) — Was für ein Kerlchen! Als Kind, als Knabe, als Promi mit Promis, unterm Christbaum, auf der Piste, als Kasperl im Karneval - so posiert Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser im Internet.

Preziös kommt der Herr daher, denn die elektronische Vorstellung auf seiner privaten Homepage (www.karlheinzgrasser.at) hat nach Grassers eigener Darstellung die groteske Summe von 175.000 Euro gekostet.

Krieg der Gutachter

Peinlich nur, dass nicht Grasser sie bezahlt hat, sondern Österreichs Industriellenvereinigung; das Ganze war getarnt als Spende an einen dubiosen Verein zur Förderung der New Economy. Vorsitz: Grassers Bürochef.

Auf der Homepage kommt über neues Wirtschaften aber nichts vor. Und jetzt tobt der Krieg der Gutachter, ob Grasser die Spende hätte versteuern müssen, was er nicht tat, und ob sich ein regierender Politiker überhaupt so aushalten lassen dürfe.

Der prätentiöse Herr Finanzminister, der doch sparen sollte, kommt die Österreicher teuer. Ganze Bündel von Vorwürfen erheben die Medien und die Opposition gegen ihn, und Grasser bestreitet die Sachverhalte nicht.

Er beauftragte ausgerechnet einen befreundeten Immobilienmakler, die österreichische Bundeswohnungsgesellschaft zu privatisieren, setzte also einen kapitalen Bock als Gärtner ein.

Und ein Professor, den er selbst als Chef der Steuerreformkommission und in anderen Gremien beigezogen hat, wird Grasser nun noch als Doktorvater behilflich sein. So ein Titelchen fehlt dem feschen "KHG" noch, der lange Zeit am Revers seiner Anzüge sein Namenskürzel als Anstecker trug. Die Anzüge sind natürlich gesponsert, von einer Textilmarke, die sich die Eröffnung einer Filiale mit einer Rede aus des Ministers allerhöchstem Munde benedeien ließ.

Der lackierte Chick hat dem jugendlichen Sonnyboy längst den Ehrentitel "Chefideologe des Feschismus" eingebracht, verliehen von der Wiener Stadtzeitung Falter. 34 Jahre ist er alt, immer makellos gekleidet, nie um ein Lächeln verlegen und immer ahnungslos, wenn es um die rechtsextremistischen Aspekte seiner politischen Herkunft aus der FPÖ geht.

Zugpferd für Schüssel

In Jörg Haiders Rechtspartei war Grasser einst der Jungstar, seit dem letzten Parlamentswahlkampf aber ficht er als vorgeblich Unabhängiger an der Seite des Bundeskanzlers und ÖVP-Chefs Wolfgang Schüssel, dessen populärstes Zugpferd bei den Wählern er ist.

Dies kam nicht von ungefähr. Millionen ließ sich der Finanzminister eine Art von Volksmission kosten; im Stile amerikanischer Sektenprediger verkündete er auf Huldigungsveranstaltungen den Kleingewerbetreibenden, in Zeiten wie diesen seien Sparen und "Nulldefizit" im Staatsetat die höchste aller Weisheiten. Um später dann das Gegenteil zu erklären und wiederum in einer teuren Kampagne fürs Schuldenmachen zu plädieren.

Österreichs Bestimmungen über Parteienfinanzierung und Lobbyismus sind bestürzend lax, nach Meinung des Politmagazins profil "die logische Folge eines grob unterdurchschnittlich ausgebildeten öffentlichen Bewusstseins für persönlichen Anstand und moralische Verantwortung". In anderen Ländern Europas, Italien ausgenommen, hätte Grasser wohl längst zurücktreten müssen.

Sein dickstes Ding ist die Sache mit den Abfangjägern. Nach außen stets den Sparmeister spielend, war es offenbar Grasser, der im Hintergrund entgegen dem Votum der Militärs dem Eurofighter als teuerster von drei möglichen Varianten den Zuschlag verschaffte.

Der Eurofighter-Konzern EADS verspricht, als Kompensation Großaufträge nach Österreich zu vergeben. Größter Profiteur wird der Magna-Konzern sein, Kfz-Zulieferer und Montagefabrik des Austrokanadiers Frank Stronach. Grasser war selbst bei Stronach ein paar Monate lang angestellt und präsentierte beim Amtsantritt als Minister eine vertragliche Garantie für eine Rückkehr in den Konzern.

Grüne und Sozialdemokraten verlangen einen Untersuchungsausschuss, Bürger rufen nach der Justiz. Selbst Jörg Haider sprach diffus von "strafrechtlich relevanten" Hintergründen des Deals.

Nur Bundeskanzler Schüssel hält zu seinem Adlatus: "Da wird eine persönliche Hetzkampagne geführt." Ihn irritiert auch nicht, dass gerade jetzt Geheimverhandlungen aufgeflogen sind, bei denen es um den Verkauf des hochprofitablen staatlichen Stahlkonzerns Voest in Linz an niemand anderen als Stronach ging.

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