Öffentliche Ausgaben:Goldmedaillen, die keiner braucht

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Hoffentlich aus Blech: Goldene Auszeichnungen erregen den Zorn des Bunds der Steuerzahler. (Foto: Marco Einfeldt)

Kanaldeckel, LED-Lampen, Pilotenhelme: Der Bund der Steuerzahler mahnt 133 Fälle von - angeblicher - Geldverschwendung an. Seine Zusammenstellung liest sich wie ein Ausflug in deutsche Haushaltsbücher.

Von Cem-Odos Güler, Berlin

Der Bürgermeister der fränkischen Stadt Wunsiedel hat im vergangenen Jahr fünf ehemalige Stadtratsmitglieder für ihre besonderen Verdienste gewürdigt. Die Nachricht von den Ehrdarbietungen hat es bis nach Berlin geschafft. Doch hier nahm sich nicht etwa der Bundespräsident dessen an, sondern der Bund der Steuerzahler (BdSt).

"Die Stadt war Ende 2013 mit 41 Millionen Euro die höchst verschuldete Stadt in Bayern", sagt Reiner Holznagel, der Präsident des Vereins. Statt Medaillen zu verteilen hätte die Stadt nach seinem Geschmack lieber die Schulden senken sollen. Jeder Bürger Wunsiedels hatte laut BdSt-Informationen Ende 2014 nämlich rund 4000 Euro Schulden.

Das Kapitel Wunsiedel ist nur eines von 133 Beispielen, die der Steuerzahler-Verein in seinem alljährlichen Schwarzbuch zusammengetragen hat. Die 160 Seiten lange Ausführung liest sich wie ein Ausflug in die Haushaltsbücher deutscher Stadtkämmerer. Da geht es um Kanaldeckel, die eine niedersächsische Gemeinde für 10 000 Euro mit LED-Lampen versehen hat oder um 40 000 Euro, die in Anklam (Mecklenburg-Vorpommern) für eine misslungene Straßenkreuzung ausgegeben wurden. Kleinvieh macht auch Mist könnte das Motto des BdSt sein, die Vereinigung sagt lieber: "Das geht auf keine Kuhhaut."

Doch wie hoch die Summe der Steuerverschwendung in Deutschland ist, dazu möchte sich BdSt-Präsident Holznagel nicht äußern. Nur so viel: Viele Ministerien sparen bei Dienstwagen-Fahrten und Flugkosten heute mehr als früher, es gebe generell ein größeres Bewusstsein dafür, woher die Gelder kommen.

Auf der anderen Seite werde es immer schwerer, falsch investierte Steuern ausfindig zu machen. Viele Projekte würden von Bund und Ländern in Mischfinanzierung getragen, die Materie werde komplexer. Der BdSt kritisiert, dass bei dieser Art der Finanzierung jeder Geldgeber nur seine eigenen Ausgaben im Blick hat und die Investitionen nur schwer kontrolliert werden können.

Mit den genannten Beispielen will der Verein "die Wut der Bürger" lenken

Undurchsichtig seien auch die Anschaffungen der Bundeswehr. Ein neuer Helm für Hubschrauberpiloten sei so schwer, dass die Soldaten über Rückenprobleme klagten. Die Ausrüstung kostet pro Helikopter 560 000 Euro. Laut dem Schwarzbuch kommen jetzt noch einmal insgesamt 400 000 Euro auf die Bundeswehr zu, denn so viel kosten die Trainingsgeräte um die Nackenmuskulatur der Soldaten zu stärken. Die Steuerzahler-Vereinigung hätte sich gewünscht, dass der Helmhersteller an den Kosten beteiligt wird.

Holznagel sagt: Dem BdSt gehe es darum, konkrete Einzelfälle darzustellen, und darum, die "Wut der Bürger" auf die Geldverschwendung zu lenken. 20 000 Euro für ein gescheitertes Investitionsprojekt seien so viel, wie eine vierköpfige Familie im Schnitt jedes Jahr an Steuern bezahlen müsse.

In Wunsiedel ist die Mahnung angekommen. Die Stadt hat im März die Verleihung von Medaillen aus Gold ausgesetzt. Über eine kostensparende Version werde im Rathaus derzeit nachgedacht. Das Ehrenbürgerrecht der Stadt zeigt auch schon den Ausweg. Menschen, die besondere Verdienste für die Stadt erbracht haben, kann auch der Ehrenring verliehen werden. Aus Gold.

© SZ vom 01.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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