Nokia zieht nach Rumänien:Handys statt königlicher Gestüte

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Die rumänische Regierung baut "Nokia-Village" zum IT-Standort aus und hofft auf den Zuzug weiterer Zulieferer.

Kathrin Lauer

Der idyllische 4200-Seelen-Ort Jucu in Siebenbürgen, einst Standort der königlichen Gestüte, steht vor einer nie erträumten Erfolgsgeschichte.

Nokia-Village: Die Nokia-Investition dürfte zusätzlich zu den 3.500 Jobs in Rumänien indirekt 15.000 Arbeitsplätze schaffen. (Foto: Foto: dpa)

Die Nokia-Investition dürfte indirekt 15.000 Arbeitsplätze schaffen, zusätzlich zu den 3500 Jobs, die die Finnen selbst bieten wollen.

Rumäniens Finanzministerium und der Kreisratsvorsitzende Marius Nicoara beteuern, dass kein Cent von der EU in die Investition geflossen sei. Nokia habe keine Steuervorteile bekommen.

Wie für alle Rumänen und Auslandsinvestoren gelte der Einheits-Profitsteuersatz von 16 Prozent auch für die Finnen. Auch die Infrastruktur in dem 159 Hektar großen Industriepark auf der grünen Wiese sei ganz ohne Geld aus Brüssel finanziert worden.

Nur der Ausbau der zehn Kilometer langen Landstraße, die Jucu mit der Kreishauptstadt Cluj (Klausenburg) verbindet, sei Teil eines EU-geförderten Straßenbauprogramms gewesen.

Ansonsten seien die geschätzten 33 Millionen Euro für die Gas-,Wasser- und Stromversorgung in "Nokia Village" komplett aus der rumänischen Staatskasse bezahlt worden. Mit in diesem Paket sind auch die Bahngleise, die vom Dorf bis zu den Werkstoren gezogen wurden.

Allerdings haben die Rumänen ein ungewöhnliches Tempo an den Tag gelegt, um Nokia den Weg zu bahnen. Noch im Frühsommer 2007 gab es ungeklärte Eigentumsverhältnisse für Teile des Nokia-Grundstücks in Jucu.

Weil ein Abgeordneter Zweifel an der Legalität einer Grundstücksumwidmung hatte, musste die entsprechende Abstimmung im Bukarester Parlament um zwei Wochen verschoben werden. Dies reichte als Grund zur Panik in der Regierung.

8200 Kandidaten für 500 Arbeitsplätze

Man beschwor Nokia, die Investitionspläne keineswegs aufzugeben, denn die Grundstückssache würde in Ordnung gehen. Kurz danach erfolgte in Jucu der erste Spatenstich, und nun soll die Produktion in der ersten Februarwoche beginnen.

Vorerst beschäftigt Nokia in Jucu 500 Angestellte. Beworben hatten sich für diese Plätze 8200 Kandidaten. In Rumänien hat die IT-Ausbildung seit dem Fall des Kommunismus einen großen Aufschwung erlebt, und Cluj gilt als eines ihrer Zentren. Siemens finanziert hier ein Forschungszentrum, und die amerikanische IT-Firma Emerson hat am Stadtrand einen Industriepark besetzt.

Wie lange der Nokia-Traum in Jucu dauert, dürfte auch von den Lohnentwicklungen in Rumänien abhängen. Laut Medienberichten zahlen die Finnen Gehälter von 170 bis 240 Euro - deutlich unter dem rumänischen Netto-Durchschnittslohn von 320 Euro.

Der Kreisratsvorsitzende Nicoara macht sich jedenfalls keine Sorgen, dass Jucu irgendwann dasselbe Schicksal ereilen könnte wie Bochum. "Wir werden unsere Investition binnen anderthalb Jahren wieder hereinholen. Und wenn die Finnen weggehen, können sie die Gasanschlüsse und Wasserleitungen nicht mitnehmen." Schon jetzt sind drei Nokia-Zulieferer und vier weitere IT-Firmen in den Industriepark gezogen.

© SZ vom 18.01.2008/ckn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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