Niedrigzinsen:Der IWF warnt

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Der Internationale Währungsfonds mahnt Banken: Vor allem die Kleinen brauchen bessere Geschäftsmodelle.

Von Andrea Rexer, München

Manche Banker wirken fast krampfhaft dabei, wenn sie versuchen, der neuen Konkurrenz aus der digitalen Welt nachzueifern. Paydirekt, das die Antwort auf das digitale Zahlungsmodell von Paypal sein soll, ist dafür nur ein Beispiel. Mancher Banker versucht die neue Konkurrenz mit einer Prise Arroganz abzutun: "Wir kaufen die Fintechs einfach. Es war schon immer so, dass die dicksten Bauern die dicksten Kartoffeln hatten", sagte Theodor Weimer, Chef der Hypovereinsbank, vergangene Woche bei einer Veranstaltung in Berlin. Aber es ist offensichtlich, dass das Geschäftsmodell der Banken unter Beschuss geraten ist. Neben den Wettbewerbern aus dem Internet schwächen die niedrigen Zinsen die Banken.

Diese Einschätzung teilt auch der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem aktuellen Bericht zur deutschen Finanzbranche. Insgesamt stellen die Experten aus Washington den deutschen Häusern zwar ein zufriedenstellendes Zeugnis aus, denn die Institute seien besser kapitalisiert als früher, aber gerade bei den kleineren Banken und Lebensversicherern mahnt der IWF zur Vorsicht. Viele kleine Finanzinstitute seien für die lang anhaltende Niedrigzinsphase nicht gewappnet. Die Geschäftsmodelle dieser Häuser seien kaum profitabel, die niedrigen Zinsen träfen dieses Institute besonders empfindlich. Gemeint sind damit vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Deswegen raten die Experten des IWF dringend zu strukturellen Reformen. Vor allem den Versicherungssektor sollten die Regulatoren "eng beobachten". Auf die Gefahren des Niedrigzinses hatte kürzlich auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin hingewiesen. Die Gewinne der kleinen Banken würden durch die sinkenden Zinsmargen bis 2019 um bis zu 25 Prozent abschmelzen.

Der Internationale Währungsfonds untersuchte zudem, welches Systemrisiko von den Finanzinstitute ausgeht. Dabei wies die Allianz das höchste Risikoprofil der Branche aus. Würde sie in Probleme geraten und vom Markt verschwinden, hätte das enorme Auswirkungen. Hintergrund ist, dass der Versicherungskonzern über seine Vermögensverwaltung und seine Versicherungsprodukte eng mit anderen Häusern verbunden ist.

Bei den Banken weist die Deutsche Bank weltweit das höchste Systemrisiko aus. Gemeint ist damit nicht, dass die Bank besonders risikoreiche Geschäfte auf ihrer Bilanz hätte, sondern es bezieht sich auf die Vernetzung zu anderen Finanzinstituten. Denn wie die Allianz ist die Deutsche Bank eng mit der restlichen Finanzwelt verknüpft. Über ihre Computersysteme werden täglich bis zu vier Billionen Euro an Zahlungen abgewickelt, in vielen verschiedenen Währungen. Im Euro-Handel ist die Deutsche Bank sogar Marktführer. Würden ihre Systeme ausfallen, würde das die gesamte Wirtschaft beeinträchtigen.

Ein schlechtes Zeugnis bekam die Deutsche Bank von einer anderen Seite: Eine ihrer US-Töchter ist zum zweiten Mal in Folge beim Stresstest der amerikanischen Notenbank durchgefallen. Die Fed ist mit der Kapitalausstattung zufrieden, übt aber scharfe Kritik am Risikomanagement. Die Deutsche Bank strukturiert gerade ihr US-Geschäft um. Zum 1. Juli 2016 gibt es eine neue Dachgesellschaft für das US-Geschäft, die künftig als Gesamteinheit am US-Stresstest teilnehmen soll. Bis dahin muss das Institut das Risikomanagement in den Griff bekommen.

© SZ vom 01.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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