Niedrigzinsen:Aufsicht will Hilfe für Versicherer

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Die Niedrigzinsen stellen die Branche vor große Probleme. Deshalb greift die Bafin ein und fordert auch Hilfen vom Bund.

Von Herbert Fromme, Frankfurt

Die Finanzaufsicht Bafin fordert von der Bundesregierung, die Lebensversicherer zu entlasten. Anderenfalls könnten sie größere Probleme wegen der Niedrigzinsen bekommen. "Die Situation der deutschen Lebensversicherer ist nach wie vor ernst", sagte Frank Grund, Chef der Versicherungsaufsicht bei der Bafin. Die Änderung soll Anfang 2018 kommen und schon für das Jahr gültig sein, schlägt die Behörde vor. Die Bafin will der Branche durch eine Entschärfung der Regeln für die Berechnung der sogenannten Zinszusatzreserve (ZZR) helfen. Derzeit müssen Versicherer jedes Jahr Milliardensummen zurückstellen, um einen Puffer gegen die Niedrigzinsen zu schaffen.

In den Neunzigerjahren hatten die Versicherer ihren Kunden Zinsen von bis zu vier Prozent für die gesamte Laufzeit ihrer Verträge garantiert. Mit der Zusage wollten sie im damaligen Umfeld hoher Zinsen wettbewerbsfähig gegenüber Banken und Fondsgesellschaften bleiben. Mittlerweile müssen die Unternehmen jedes Jahr mehrere hundert Milliarden Euro Verpflichtungen mit Garantiezinsen von drei Prozent, 3,5 Prozent oder vier Prozent bedienen. Ihre laufenden Einnahmen aus den Kapitalanlagen gehen aber stetig zurück.

Um auch künftig die Garantien erfüllen zu können, sind die Gesellschaften gesetzlich dazu verpflichtet, die ZZR aufbauen. Allein 2017 müssen sie dafür etwa 20 Milliarden Euro aufbringen. "Dann steht die Zinszusatzreserve bei 64 Milliarden Euro", sagte Grund. Künftig soll sie langsamer wachsen. Denn um die Milliardensummen aufzubringen, verkaufen viele Gesellschaften ältere Anleihen, die noch einen höheren Zinssatz haben. Aus dem so erzielten Sondergewinn speisen sie die ZZR. Künftig sollten die Regeln so geändert werden, dass die Zuzahlung deutlich niedriger ausfällt, sagte Grund. Dann müssten die Versicherer nicht mehr das Tafelsilber verkaufen.

"Wenn man das jetzige Instrumentarium nicht anpasst, werden ab 2018 für die nächsten fünf Jahre noch jeweils weitere 20 Milliarden Euro bis 25 Milliarden Euro jährlich zuzuführen sein", warnte Grund. "Wir finden das zu viel." In jedem Fall handelt es sich um Kundengelder - für die vollmundig von den Lebensversicherern gegebenen Zinsgarantien aus den Neunzigerjahren kommen heute nicht etwa die Aktionäre der Gesellschaften auf, sondern ihre Kunden, vor allem wenn sie Verträge mit niedrigeren Garantien haben.

Bis Anfang dieses Jahres hatte sich die Bafin stets gegen die Forderungen aus der Branche nach einer Änderung der Regeln gewehrt. Offenbar wollten Grund und Behördenchef Felix Hufeld die 20 Milliarden Euro Zuführung in diesem Jahr noch im Topf haben. Jetzt drängen sie auf Änderungen. Die Behörde will sich künftig auch intensiv mit den Provisionshöhen in der Lebensversicherung befassen und gegen zu hohe Zahlungen vorgehen.

© SZ vom 10.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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