Niederlage für EMI:Bronfman kauft Musikgeschäft von Warner

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In der Musikbranche ist eine weitere milliardenschwere Übernahme unter Dach und Fach: Time Warner verkauft seine Musiktochter für 2,6 Milliarden Dollar an den ehemaligen Seagram-Chef Edgar Bronfman.

Von Ulf Brychcy und Andreas Oldag

(SZ vom 25.11.03) - Der von einer schweren Absatzkrise geprägte Musikmarkt ordnet sich neu. Erst vor knapp drei Wochen gaben Bertelsmann und der japanische Elektronik-Konzern Sony bekannt, ihre defizitären Tonträgersparten BMG und Sony Music zusammenführen zu wollen.

CD-Produktion bei Warner Music. (Foto: Foto: dpa)

Jetzt folgt Time Warner. Der weltgrößte Medienriese teilte in New York mit, dass der ehemalige Medienunternehmer Edgar Bronfman gemeinsam mit einem Investorenkonsortium Warner Music (mit Popstars wie Madonna, REM, Lou Reed) übernimmt.

Empfindliche Schlappe

Für den britischen Musikkonzern EMI (Beatles, Robbie Williams) ist dies eine empfindliche Schlappe. EMI hatte für eine Mehrheitsbeteiligung an Warner Music eine Milliarde Euro geboten, aber das lukrative Musikverlags-Geschäft außen vor gelassen.

Warner und Bronfman verfolgen damit zunächst eine grundlegend andere Strategie als Sony BMG. Während Bertelsmann und Sony durch ihr neues Gemeinschaftsunternehmen (Marktanteil: gut 25 Prozent) auf Größeneffekte und Synergien im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich setzen, bleibt Warner Music (Marktanteil rund zwölf Prozent) allein. Lediglich die Eigentümer wechseln.

Nach Ansicht von Analysten an der Wall Street waren der Hauptgrund für die Bevorzugung Bronfmans kartellrechtliche Aspekte. Das Vorhaben von Bertelsmann und Sony, das bis Januar 2004 ausverhandelt sein soll, muss von den Wettbewerbsbehörden in Washington und Brüssel genehmigt werden. Auflagen gelten als wahrscheinlich.

Ohne Haim Saban

Entgegen ersten Hinweisen gehört der Medienunternehmer Haim Saban offenkundig nicht zur Investorengruppe, die von Bronfman angeführt wird. Saban ist in Deutschland bekannt geworden, weil er nach monatelangem Tauziehen im Sommer den Fernsehkonzern ProSiebenSat1 gekauft hatte. Zum Bronfman-Konsortium gehören noch die privaten Investmentfirmen Thomas H. Lee, Providence Equity Partners sowie Bain Capital.

Der mit 24 Milliarden Dollar verschuldete Medienkonzern Time Warner, zu dem auch der Online-Dienst AOL gehört, hat offenkundig wegen kartellrechtlicher Bedenken den Zusammenschluss mit Bertelsmann und EMI gescheut.

Tatsächlich gibt es schlechte Erfahrungen: Ein Zusammenschluss von Warner Music mit EMI war 2000 am Einspruch der EU-Kommission gescheitert. Dagegen dürfte es gegen eine Vereinbarung mit Bronfman keine wettbewerblichen Hindernisse geben, da der US-Amerikaner derzeit nicht im Musikgeschäft tätig ist.

Kein Unbekannter

Nach Meinung von Wall-Street-Bankern hat aber auch das höhere Kaufangebot im Vergleich zu EMI eine Rolle gespielt. Bronfman ist kein Unbekannter im Musikgeschäft. Er hatte im Jahre 2000 die Seagram-Gruppe, zu der auch Universal Music gehörte, an die französische Vivendi-Gruppe verkauft. Die Unterhaltungssparte Vivendi Universal war Anfang Oktober mit der Mediensparte des US-Konzerns General Electric (GE) fusioniert worden.

Wie es hieß, kann Time Warner drei Jahre nach dem Verkauf seiner Musiksparte an Bronfman einen 15-prozentigen Anteil mit einem kräftigen Abschlag gegenüber dem Marktwert zurückkaufen. Darüber hinaus gebe es eine Option, weitere 19,9 Prozent des Kapitals zu erwerben, falls Warner Music mit einem Konkurrenten fusioniert. Bronfman, der 250 Millionen Dollar in die Übernahme einbringen will, strebt den Chefposten von Warner Music an.

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