Nahaufnahme:Der Heimkehrer

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"Manager sollten sich selber etwas weniger wichtig nehmen und das Unternehmen noch mehr in den Mittelpunkt stellen." Klaus Deller. (Foto: oh)

Klaus Deller muss bei Knorr-Bremse wieder arbeiten fürs Geld - nach seinem lukrativen Ausflug zum Autozulieferer Schaeffler.

Von Michael Kuntz

Es ist eine Geschichte wie aus dem Märchenbuch. Für Nichtstun viel Geld bekommen. Doch dies ist die wahre Geschichte des Managers Klaus Deller, der 53 Jahre alt ist und elf Millionen Euro dafür erhalten haben soll, dass er als Topmanager beim Autozulieferer Schaeffler gar nicht erst antrat. Die Eigentümerfamilie des Konzerns in Herzogenaurach, zu dem auch der Reifenhersteller Continental gehört, hatte die Lust an Deller noch vor seinem ersten Arbeitstag verloren und ihm den offiziell nie bestätigten, aber immer wieder kolportierten Millionenbetrag bezahlt - als Kompensation für einen Drei-Jahres-Vertrag.

Deller blieb kein halbes Jahr arbeitslos. Er kehrte zurück zu Knorr-Bremse, wo er bis Mitte 2014 etwa fünf Jahre lang das Geschäft mit Bremssystemen verantwortet hatte. Nun amtiert der Heimkehrer Deller seit Jahresbeginn als Vorstandsvorsitzender von Knorr-Bremse, dem Weltmarktführer bei Bremssystemen für Eisenbahnen und Lastkraftwagen. Der früher bisweilen zu egozentrierter Kommunikation neigende Deller hat die beschäftigungslosen Monate nach seinem lukrativen Abstecher zur Arbeit an sich selbst genutzt.

Jedenfalls eröffnete Klaus Deller seinen Vortrag bei der Bilanzvorlage am Dienstag in München mit längeren Erläuterungen zum Titelbild des Geschäftsberichtes. Auf dem formieren sich viele Menschen zu einem nach oben gerichteten Pfeil: Was ist eine Firma ohne viele gute Leute, die in dieselbe Richtung arbeiten? "Manager sollten sich selber etwas weniger wichtig nehmen und das Unternehmen noch mehr in den Mittelpunkt stellen", sagt Deller heute. Manchmal müsse man etwas verlassen, um zu sehen, was man hat. Knorr-Bremse-Eigner Heinz Hermann Thiele habe es ihm ermöglicht, eine größere Aufgabe anzustreben. Und der Milliardär war nicht nachtragend, als der Millionär von den Schaefflers verstoßen wurde. "Der eigentliche Ritterschlag ist für mich, dass ich wieder zurück bin", sagt Deller dankbar.

Dem Familienunternehmer Thiele hätte es gewiss gefallen, wie Deller den aktuellen Erfolg von Knorr-Bremse als die Ernte wegweisender Entscheidungen präsentierte. Entscheidungen von Thiele, der vor 30 Jahren die heute 110 Jahre bestehende Firma in fast konkursreifem Zustand übernahm und zu neuer Blüte führte, erst als Vorstandsvorsitzender und seit 2007 an der Spitze des Aufsichtsrates. Thiele, der mit 73 Jahren auch Mangos in Südafrika und Rinder in Uruguay züchtet, habe früh das Potenzial von China erkannt.

Knorr-Bremse ist voll dabei in China, wo mehr als die Hälfte aller Hochgeschwindigkeitszüge weltweit verkehren, obwohl die Chinesen diese erst vor gerade acht Jahren eingeführt haben. In 13 Fabriken in China arbeitet ein knappes Fünftel der fast 24 000 Mitarbeiter des Konzerns. Der setzte 2014 weltweit 5,2 Milliarden Euro um, satte 21 Prozent mehr als im Jahr davor. Das Jahresergebnis stieg sogar um 53 Prozent auf 560 Millionen Euro, während Deller es bei den Schaefflers versuchte.

Solch ein Erfolg ist schwer zu wiederholen, das sieht auch der neue alte "Knorrianer". Er erwartet ein "moderateres Wachstum", gern wieder zweistellig. Der Laden läuft. Was bleibt für Deller zu tun? Er muss die Entwicklung eines Systems der Systeme vorantreiben. Eisenbahnen sind noch nicht so vernetzt wie moderne Autos. Das will Knorr-Bremse ändern. Hierbei wird Deller das neue Entwicklungszentrum in München helfen, es hat 350 Ingenieure. Im November soll es bezogen werden.

Und Klaus Deller wird sein derzeit sehr gutes Verhältnis zum willensstarken Thiele pflegen müssen, damit er als Chef von Knorr-Bremse länger im Amt bleibt als seine Vorgänger. Thiele feuerte einen nach vier Jahren und den anderen nach nur sechs Monaten.

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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