Nachfolge:Urenkel führt Ravensburger

Als Leiter des Innovationsmanagements hat sich Clemens Maier schon bewährt. Er sorgte für den elektronischen Stift Tiptoi. Das Unternehmen gehört zu den Großen der Spielebranche.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Fast jeder erwachsene Deutsche kennt das Logo des Spieleherstellers Ravensburger, das blaue Dreieck findet sich seit Generationen in mindestens einer Kinderzimmer-Ecke. Wie das Unternehmen aus dem oberschwäbischen Städtchen Ravensburg tickt, beschreibt am besten eine Episode aus der Nachkriegszeit: Damals wurde dem Chef Karl Maier die Deutschland-Lizenz für das neue Spiel Monopoly angeboten. Er lehnte ab. Weil er nicht wollte, dass eines seiner Spiele den Kindern Raffgier beibringt. Vom 1. April an wird das Unternehmen wieder von einem Spross der Familie Maier geführt. Clemens Maier, 45, übernimmt den Vorstandsvorsitz von Karsten Schmidt, der nach 15 Jahren im Amt in Ruhestand geht.

Clemens Maier ist der Urenkel des Firmengründers. Der Chefposten ist ihm aber nicht in den Schoß gefallen. Im Gegenteil. Nach seinem Volkswirtschafts-Studium arbeitete er sich auf verschnörkelten Umwegen nach oben. Zunächst war er in London für den Kinder-TV-Sender Nickelodeon tätig, dann in New York für den Verlag Random House. Als er 2006 zu Ravensburger wechselte, stieg er nicht auf Vorstandsebene ein, sondern als Geschäftsführer der spanischen Tochter. Als Leiter des Innovationsmanagements am Hauptsitz in Ravensburg führte er den elektronischen Spielzeug-Stift Tiptoi ein. Eine Stimme erklärt den Kindern alles, worauf sie auf dem Spielbrett tippen. Tiptoi war eine Revolution im Hause Ravensburger - und die gelungene Bewährungsprobe für Maier.

2011 zog er in den Vorstand ein. Jetzt darf er nach sechs Jahren den letzten Schritt machen. So mancher Firmenerbe nützt diese Gelegenheit, um seine Zukunftspläne in die Welt zu tröten. Clemens Maier, dessen Kinder die neuen Produkte aus Papas Firma regelmäßig testen, sagt nur: "Wir Oberschwaben machen erst und reden dann darüber." Seinem Vorgänger Karsten Schmidt, der dem Maier-Clan nicht angehört, gibt er ein Lob mit auf den Weg: "Das Unternehmen steht toll da."

Firmengründer Otto Maier legte Wert auf den edukativen Charakter der Spiele

Schmidt hatte die Geschäfte in Ravensburg 2002 als Branchenfremder übernommen. Das Unternehmen stand damals auf der Kippe, doch der ehemalige Sprecher des Verbandes der Zigarettenindustrie führte die Spielzeugfabrik aus der Krise. Er steigerte den Jahresumsatz von 288 auf mehr als 450 Millionen Euro und bescherte der Familie Maier kräftige Gewinne. Zuletzt verkündete die Firma einen Jahresüberschuss von 34 Millionen Euro und 7,5 Prozent Umsatzrendite. Heute spielt das Unternehmen auf Augenhöhe mit Unternehmen wie Playmobil oder Simba-Dickie, nur Lego gilt als unerreichbare Nummer eins. Karsten Schmidt trieb auch die Internationalisierung von Ravensburger voran: Ende 2014 kaufte er einen anderen Kinderzimmer-Klassiker zu: Brio, den Hersteller von Holzeisenbahnen. Vor Schmidt hatte auch ein Mitglied der Familie Maier das Unternehmen geleitet.

Firmengründer Otto Maier war praktizierender evangelischer Christ, vom Pietismus geprägt. Noch heute legt Ravensburger nach eigenen Angaben Wert auf den edukativen Wert ihrer Bücher und Spiele. Die Stiftung des Verlags fördert musische und religiöse Bildung. Doch längst verkauft das 2000-Mann-Unternehmen nicht nur brave Bücher, Memorys und Puzzles. Sondern auch Produkte, bei denen eher die Gaudi als die Pädagogik im Vordergrund steht. Zum Beispiel "Schlag den Raab", das Spiel zur wenig zimperlichen Spielshow des TV-Senders RTL.

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