Nachfolge:Freud und Leid

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Joachim Wenning: Er soll den Konzern von April 2017 an führen. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Er liebt Opern und spielt Gitarre: Joachim Wenning war bisher kaum in der Öffentlichkeit, aber er kennt den Konzern sehr genau.

Von Friederike Krieger und Herbert Fromme, Köln

Über die Nachfolge von Munich-Re-Chef Nikolaus von Bomhard ist im Vorfeld spekuliert worden. Klar war nur, dass es niemand von außen werden würde, das hatte es bei der Munich Re noch nie gegeben. Viele sahen zuletzt Vorstandsmitlgied Thomas Blunck vorne. Er ist für Spezial- und Finanzrisiken zuständig und spielt bei den digitalen Projekten des Rückversicherers eine große Rolle.

Am Ende machte ein anderer interner Kandidat das Rennen: Joachim Wenning wird den weltgrößten Rückversicherer vom 27. April 2017 an führen. Das hat der Aufsichtsrat des Konzerns am diesem Dienstag beschlossen. Der 51-Jährige ist in der deutschen Wirtschaft weitgehend unbekannt, so wie Nikolaus von Bomhard auch, als er 2004 gekürt wurde. Und das muss kein Nachteil sein. Seit 2009 ist Wenning im Vorstand der Munich Re für das weltweite Lebensrückversicherungsgeschäft zuständig. Seit Anfang Oktober 2013 verantwortet er zudem das Personalwesen und ist seitdem auch Arbeitsdirektor der Munich Re, die rund 43 000 Mitarbeiter hat.

Zumindest der Kapitalmarkt kennt Wenning bereits gut. So steht der neue Chef regelmäßig bei Analysten- und Investorenkonferenzen Rede und Antwort. Ein gutes Verhältnis zu Aktionären ist für Rückversicherer und Versicherer momentan wichtiger denn je. Bei vielen großen Gesellschaften wie AIG mischen sich die Anteilseigner lautstark in die Geschäftspolitik ein und fordern höhere Dividenden.

Munich Re hat sich aus mehreren anderen Gründen für den Manager entschieden: Wenning kennt sich bei dem Rückversicherer sehr gut aus, er hat sein gesamtes bisheriges Arbeitsleben bei der Munich Re verbracht. Der studierte Volkswirt fing gleich nach seinem Diplom 1991 an der Universität München bei dem Rückversicherer an. Bis 1997 betreute er als Referent deutsche Lebensrückversicherungskunden. Parallel dazu promovierte er zum Doktor der Volkswirtschaft. Als verantwortlicher Vorstand für die Lebensrückversicherung ist er bereits jetzt für ein Fünftel des Umsatzes der Gruppe verantwortlich. Bisher hat er gute Ergebnisse abgeliefert. Die Beiträge in dem Bereich haben sich seit 2008 verdoppelt, das Neugeschäft hat sich verdreifacht, die Ergebnisse sind gestiegen.

Wenning hat aber auch bewiesen, dass er die anderen Sparten seiner Branche beherrscht. So übertrug ihm Munich Re 2005 die Führung der New Re. Die damals in Genf und heute in Zürich beheimatete Tochtergesellschaft bietet alle Geschäftsfelder vor allem für den Schweizer Markt an. Dort baute Wenning neue Geschäftsfelder auf und verantwortete New-Re-Gründungen in Zürich und auf den Bermudas.

Auch die Erstversicherung ist ihm nicht fremd. Nach seiner Tätigkeit als Referent in der Lebensrückversicherung verbrachte er zweieinhalb Jahre bei der Munich-Re-Tochter Hamburg-Mannheimer in Hamburg, die heute als Ergo Lebensversicherung firmiert. Dort beschäftigte er sich mit der Neuausrichtung des Vertriebs. "Ich bin mit Versicherungsvermittlern auch an die Haustüren gegangen, habe die Freude und das Leid teilen gelernt, vom Kunden geschätzt oder abgelehnt zu werden", sagt Wenning. "Ich habe seitdem großen Respekt vor der Tätigkeit im Vertrieb." Nach seiner Rückkehr begann sein Aufstieg. Von 2000 an verantwortete er das Lebensrückversicherungsgeschäft in Lateinamerika, Südwesteuropa und dem Nahen Osten.

Opern, Klavier, Gitarre - das sind die Leidenschaften des Musikliebhabers

Wenning gilt als freundlich und offen. Der Mann hat Humor, kann aber, wie Mitarbeiter zu berichten wissen, auch eine deutliche Sprache sprechen und durchgreifen. "What you see is what you get", sagt ein Kollege über ihn - was man sieht, bekommt man auch. Er sei nicht "Everybody's Darling", sagt Wenning über sich selbst. Wenn nötig, schwimme er auch gegen den Strom, intern wie extern: "Das ist als Eigenschaft, glaube ich, sehr wichtig."

Wenning wurde in Jerusalem geboren, sein Vater arbeitete in verschiedenen Ländern für ein mittelständisches deutsches Unternehmen. Seit 2009 lebt die Familie in München, Wenning hat eine inzwischen erwachsene Tochter. In seinem Leben spielt die Musik eine große Rolle, dazu gehört auch die Liebe zur Oper, das verbindet ihn mit Vorgänger Bomhard. Wenning hat lange Klavier gespielt. Heute gehört sein Herz der Western-Gitarre. Wenn er kann, verbringt er Urlaube am Meer.

Bei der Munich Re wird der Manager allerdings wenig Muße haben. Das ist Wenning auch bewusst: "Ich werde meine künftige Aufgabe in schwierigen Zeiten antreten", sagt er. Munich Re kann zwar derzeit gute Zahlen vorweisen, aber es gibt Probleme. Wenning zeigt sich aber zuversichtlich, dass er die Herausforderungen für das Unternehmen meistern wird: "Am Ende werden für uns die Chancen die Risiken überwiegen", glaubt er.

© SZ vom 16.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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