Nach wochenlangen Streit:SAP bekommt einen Betriebsrat

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Die Mehrheit der SAP-Mitarbeiter ist angeblich gegen das Gremium. Doch das kann vor Gericht notfalls auch von einer Minderheit durchgesetzt werden. Um das zu verhindern willigte der Vorstand jetzt ein und ruft die Mitarbeiter zu Wahlen ohne Gewerkschafter auf.

Dagmar Deckstein

Nach 34 Jahren dürfte auch für SAP die betriebsratslose Zeit zuende gehen. Die 9000 Beschäftigten des Softwarekonzerns in Walldorf und St. Leon-Rot sind nächste Woche erneut zur Betriebsversammlung eingeladen, um einen Wahlvorstand zur Vorbereitung von Betriebsratswahlen einzusetzen.

Die Mitarbeiter von SAP müssen sich wohl bald von ihrem "Betriebsrat light" verabschieden. (Foto: Foto: dpa)

Damit wollen die acht Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einer von der IG Metall unterstützten Initiative zuvorkommen und der Mehrzahl der nicht gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter das Heft in die Hand geben. Damit ändert SAP jetzt die Strategie der letzten Wochen, Betriebsratswahlen mit juristischen Mitteln zu unterbinden und den Fall notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht zu tragen.

Gleichzeitig will das Unternehmen verhindern, dass das Arbeitsgericht Mannheim jene drei von der IG Metall unterstützten SAP-Mitarbeiter als Wahlvorstand einsetzt, die das vor kurzem beantragt hatten. Auf einer Betriebsversammlung Anfang März hatten 91 Prozent der 5600 Teilnehmer gegen einen Wahlvorstand gestimmt. Der kann nach dem Betriebsverfassungsgesetz aber auch auf Antrag einer Minderheit zwangsweise installiert werden, worüber das Landesarbeitsgericht Mannheim Mitte April entscheiden will.

In die Auseinandersetzungen hatte sich auch SAP-Mitgründer Dietmar Hopp eingeschaltet und mit einer Standortverlagerung gedroht, sollte das Unternehmen einen "von der IG Metall gesteuerten" Betriebsrat bekommen.

"Betriebsrat light"

SAP-Chef Henning Kagermann meinte zum Vorstoß der Aufsichtsratsmitglieder : "Wenn es einen Betriebsrat bei SAP geben muss, dann einen Betriebsrat aus unserer Mitte, der sich unserer besonderen Firmenkultur und unseren Werten verpflichtet fühlt". Kagermann stellte klar, dass es derzeit keine Pläne zur Umwandlung in eine Europa AG mit eingeschränkten Mitbestimmungsrechten gebe.

Mit der eigenen Betriebsratsinitiative ist bei SAP auch der Plan ad acta gelegt worden, die Zahl der acht Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat zu erhöhen, die bisher als eine Art "Betriebsrat light" fungierten. Dieses Gremium hatte vergangene Woche eine Unterschriftenaktion unter den Mitarbeitern angestoßen, in der sie sich für eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes stark machen sollten.

Es sei nicht akzeptabel, dass eine Minderheit die Wahl eines Betriebsrats vor Gericht durchsetzen könne. Gelassen sieht indessen die IG Metall die Wende bei SAP in Sachen Betriebsrat. "Wir begrüßen jeden Schritt im Unternehmen, der zur Wahl eines Betriebsrats führt", sagte Gewerkschaftssekretär Bernd Knauber der SZ. Die drei SAP-Mitarbeiter hätten die IG Metall nur um Hilfe gebeten, um die Vorbereitung der Wahlvorstandswahl rechtlich korrekt abzuwickeln - "nicht mehr und nicht weniger."

© SZ vom 14.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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