Möbelhaus-Kette:XXXLutz plant neue Filialen

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Das Möbelhaus XXXLutz wirbt vor einer Filiale mit einem überdimensionierten roten Stuhl. (Foto: Ulla Baumgart)

Immer wieder hat der Möbelhändler XXXLutz Probleme mit den Gewerkschaften, gerade eskaliert der Streit in München. Doch der österreichische Konzern gibt sich davon unbeeindruckt. Er plant neue Filialen in Deutschland und will weiter wachsen.

Von Caspar Busse und Sibylle Haas

Als der Österreicher Richard Seifert einst einen Namen für sein Unternehmen suchte, wurde er in der eigenen Familie fündig. Er benannte die Firma einfach nach dem Mädchennamen seiner Frau Gertrude - die war eine geborene Lutz. Als der Möbelhändler dann immer weiter über die Grenzen Österreichs hinaus wuchs - nach Deutschland, Osteuropa und sogar Schweden - kam ein XXXL hinzu. Heute ist der Konzern, der sich hinter Ikea als zweitgrößter Möbelhändler der Welt bezeichnet und noch immer in Besitz der Familie Seifert ist, unter dem Namen XXXLutz bekannt - für seinen Erfolg, seinen aggressiven Expansionskurs und in Deutschland auch für seinen schlechten Umgang mit Mitarbeitern.

"Das Verhältnis zu Verdi ist leider nicht besser geworden in den vergangenen Jahren", sagt Helmuth Götz, Deutschland-Chef des Unternehmens, der Süddeutschen Zeitung. Immer wieder gab es Vorwürfe über angeblich schlechte Behandlung von Mitarbeitern. Die Gewerkschaft moniert, dass das Unternehmen - im Gegensatz etwa zu Ikea - nicht tarifgebunden ist, und es auch keinen Gesamtbetriebsrat gibt.

Gerade eskaliert der Streit erneut in München. Die innerstädtische XXXL-Filiale an der Theresienhöhe soll geschlossen werden, die 160 Mitarbeiter wurden über Nacht freigestellt, den Räumungsverkauf übernehmen Kollegen aus anderen Filialen. "Ihr werdet behandelt wie Verbrecher", rief Gewerkschafter Dirk Nagel unlängst auf einer Betriebsversammlung den Mitarbeitern zu und organisierte den Widerstand. Das Vorgehen von XXXL sei unmenschlich. Nagel ist Handelsexperte von Verdi in München und bundesweit für XXXL zuständig. Er beobachtet das Unternehmen, das durch Zukäufe kräftig gewachsen ist, seit Jahren genau und hat einige Missstände öffentlich gemacht.

In München hat XXXL erstmals eine Filiale geschlossen

Deutschland-Chef Götz verteidigt die Schließung in München und wehrt sich: "Verdi schürt die Ängste der Mitarbeiter. Ich halte das für verantwortungslos und bösartig." Es gehe der Gewerkschaft nur um "öffentlichkeitswirksame Aktionen". Spekulationen, das Unternehmen wolle so nur unliebsame Mitarbeiter, die bei Verdi organisiert sind, loswerden, widerspricht der Manager. "Uns ist die Schließung des Standorts in München schwergefallen. Die Entscheidung hat aber nichts mit Verdi zu tun", sagt Götz. XXXL hatte den Standort und den Großteil der Mitarbeiter 2004 von Karstadt übernommen. Das Einkaufsverhalten habe sich inzwischen weiter verändert, so dass innerstädtische Standorte nicht mehr zu betreiben seien, sagt Götz. Immer mehr Kunden wollten ihre Möbel gleich mitnehmen, dafür reiche das Lager in der Stadt längst nicht aus.

Das Unternehmen, bekannt durch den roten Stuhl in der Werbung, ist nach Ikea und Höffner drittgrößte Einrichtungskette in Deutschland. Beschäftigt werden an nun 27 deutschen Standorten fast 10 000 Mitarbeiter. Der Deutschland-Umsatz von XXXL liegt nach Schätzungen bei 1,4 Milliarden Euro. Die Branche hatte zuletzt mit Umsatzproblemen zu kämpfen, die Preise sind unter Druck, die deutschen Möbelhersteller erwarten sogar ein Minus. Gerade kleinere Konkurrenten hatten in der Vergangenheit immer stärker zu kämpfen. Davon profitierte auch XXXL: Die Österreicher haben in den vergangenen Jahren mehrfach mittelständische Möbelhändler übernommen und sich so immer weiter ausgebreitet. Sind nun weitere Akquisitionen geplant? Dazu sagt Götz nur: "Da gibt es einiges, was wir diskutieren." Finanziert wurde das Wachstum bisher aus eigener Kraft.

In München hat nun XXXL erstmals eine Filiale geschlossen. "Wir planen keinen weiteren Schließungen von Standorten - im Gegenteil", betont Götz. In den nächsten 24 Monaten sei die Eröffnung von drei neuen Filialen geplant, in Pforzheim, Villingen-Schwenningen und Kempten. Investiert werden sollen 100 Millionen Euro. "Dann dürften wir die Nummer zwei in Deutschland sein", glaubt Götz. Auch in München werde derzeit wieder nach einem neuen Standort auf der grünen Wiese gesucht - als Ersatz für das geschlossene Geschäft.

Verdi fordert einen Konzernbetriebsrat

Das Einrichtungshaus sieht sich in Deutschland aber schon seit längerem einer "Schmutzkampagne" ausgesetzt und von Verdi attackiert. Der Gewerkschaft gehe es nur darum, XXXL in die Tarifbindung zu bringen. Doch das Unternehmen lehnt das ab, bevorzugt betriebliche Bündnisse mit den Betriebsräten, weil das flexibler sei. 80 Prozent der Beschäftigten würden sogar übertariflich bezahlt. 25 Prozent der Provisionsverkäufer verdienten monatlich 3000 bis 4000 Euro brutto, weitere 16 Prozent 4000 bis 5000 Euro. Die Spitzengruppe von etwa sechs Prozent komme sogar auf mehr als 5000 Euro im Monat.

Im vergangenen Jahr wurde zudem ein arbeitsrechtlicher Kontrollausschuss geschaffen, der "den korrekten und fairen Umgang des Unternehmens und seiner Führungskräfte mit den Mitarbeitern überprüfen" sollte. Den Vorsitz des Gremiums hatte Wolfgang Huber, der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Neben Huber und der Geschäftsleitung waren auch Betriebsräte in dem Ausschuss. Verdi hatte eine Mitarbeit abgelehnt und forderte stattdessen einen Konzernbetriebsrat, "weil das Betriebsverfassungsgesetz die Bearbeitung arbeitsrechtlicher Themen auf diese Weise vorsieht".

Das Gremium traf sich regelmäßig, sichtete Arbeitsverträge, überprüfte Arbeitsbedingungen und empfahl, Dienstpläne zu ändern. Der Abschlussbericht wurde im Juni vorgelegt. Darin steht, dass in einigen Häusern der Umgang mit dem Beschäftigten besser werden muss. Die Betriebsräte der Standorte sollen nun eine "Arbeitsgemeinschaft" bilden.

In München gehen die Wellen derweil hoch. "Wir sind an einer schnellen sozialverträglichen und fairen Lösung interessiert", sagt Götz. Verdi fürchtet jedoch, dass die Betreibergesellschaft insolvent wird und die 160 betroffenen Mitarbeiter dann leer ausgehen. Götz beteuert: "XXXLutz wird sämtliche finanziellen Verpflichtungen aus der Schließung tragen."

© SZ vom 15.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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