Möbelhandel:Roter Riese

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Der Möbel-Filialist XXXLutz übernimmt den Discounter Poco-Domäne. Die Österreicher kommen Marktführer Ikea auf dem deutschen Markt immer näher.

Von Jan Schmidbauer, München

Wofür das Möbelunternehmen XXXLutz gerne stehen möchte, lässt sich bereits aus sicherer Entfernung erkennen. Vor jeder Filiale hat der österreichische Konzern einen dieser monströsen Küchenstühle platziert, gebaut aus Holz, lackiert in knallroter Farbe. Der Stuhl ist das Erkennungszeichen von XXXLutz. Aber eigentlich ist er mehr als das. Der riesige Stuhl demonstriert auch den Anspruch dieses Konzerns, der allem Anschein nach vor allem eines sein möchte: der Größte im Geschäft mit Küchen, Sofas und Schränken.

Noch ist man davon einigermaßen weit entfernt: Weltweit ist Ikea mit deutlichem Vorsprung der umsatzstärkste Möbelhändler. Doch in Deutschland konnte XXXLutz den Abstand zu Ikea bereits deutlich verringern, vor allem durch etliche Übernahmen. Besonders spektakulär ist der jüngste Zukauf: XXXLutz hat sich nun die kompletten Anteile am Billig-Möbelhändler Poco gesichert. Das gab der Konzern am Donnerstag bekannt. Mit dem Discounter, der weiter als eigenständiger Bereich geführt werden soll, dürfte XXXLutz in Deutschland auf weit mehr als drei Milliarden Euro Umsatz kommen, Ikea setzt in Deutschland knapp fünf Milliarden Euro um.

Mit mehr als 120 Filialen und einem Umsatz von etwa 1,6 Milliarden Euro gehört Poco durchaus zu den Schwergewichten im deutschen Möbelhandel. Die Läden sind zwar viel kleiner als die von XXXLutz, Höffner oder Porta. Dafür hat Poco ein dichteres Filialnetz als die Wettbewerber. Statt Produkte in allen Preisklassen anzubieten, konzentriert sich Poco außerdem auf besonders billige Möbel.

Dass sich XXXLutz, dessen Miteigentümer Andreas Seifert mit seiner Familie bereits 50 Prozent an Poco hielt, nun die kompletten Anteile am Discounter sichern konnte, hängt auch mit der Schwäche des Konkurrenten Steinhoff zusammen. Das Firmenkonglomerat ist in einer existenziellen Krise, seitdem mutmaßliche Bilanzfälschungen innerhalb des Konzerns bekannt wurden. Über Jahre hinweg sollen Manager überhöhte Umsätze gebucht und Bilanzen geschönt haben. Die Steinhoff-Aktie hat seit Bekanntwerden des Skandals bereits 95 Prozent an Wert verloren.

Wie verworren die Lage bei Steinhoff zuletzt war, zeigt auch das Gerichtsverfahren, dessen Ergebnis nun der Verkauf der restlichen Poco-Anteile an XXXLutz ist. Lutz-Inhaber Seifert stritt sich mit Steinhoff vor dem Landgericht Dortmund um die Frage, wem eigentlich welche Anteile an Poco gehören. Der jahrelange Zwist endete nun mit einem Vergleich. Steinhoff überlässt seine 50 Prozent an Poco der XXXLutz-Gruppe, zum Preis von rund 266 Millionen Euro.

Lutz-Inhaber Seifert hatte Poco zuvor mit 472 Millionen Euro bewertet, Steinhoff selbst hielt 650 Millionen für angemessen. Am Ende stand, wie unter Möbelhändlern üblich, ein Deal, den Poco-Gründer Peter Pohlmann laut Handelsblatt so zusammengefasst haben soll: "Wir haben uns geeinigt wie die Pferdehändler: Wir treffen uns in der Mitte." Sollten die Kartellbehörden zustimmen, würde XXXLutz seine Position als zweitgrößter deutscher Möbelhändler festigen - und den Abstand zu Ikea weiter verringern. Genau das ist erklärtes Ziel des Konzerns: "Wir wollen Ikea Paroli bieten", sagte Deutschlandchef Alois Kobler kürzlich, als man ihn nach den immer neuen Übernahmen seines Unternehmens fragte.

Die Strategie der Österreicher verwundert zunächst: Während andere Möbelhändler wegen stagnierender Umsätze zurückhaltend agieren und kleinere Geschäfte reihenweise schließen müssen, kauft XXXLutz ständig Möbelhäuser dazu und eröffnet neue Filialen. Langfristig dürfte diese Strategie nur aufgehen, wenn andere große Möbelhäuser verschwinden. Das weiß man auch bei XXXLutz. "Es wird einen Verdrängungswettbewerb geben", sagt Deutschlandchef Kobler. Wer daraus als Sieger hervorgehen wird, scheint für ihn bereits ausgemacht: der rote Stuhl, wer sonst?

© SZ vom 27.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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