Mitarbeiter-Beteiligung:Deutschland mit massivem Nachholbedarf

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Bei der Beteiligung ihrer Mitarbeiter am Erfolg der Firma hinken deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich deutlich hinterher.

Sibylle Haas

Nur acht Prozent der etwa 26 Millionen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer sind in irgendeiner Form an ihrem Unternehmen beteiligt. In Deutschland gibt es nur 3750 Betriebe, die ihren Mitarbeitern entsprechende Angebote machen - das ist ein Promille der drei Millionen deutschen Unternehmen, heißt es in einer Untersuchung der Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft (AGP) und der Unternehmensberatung A.T. Kearney, die der Süddeutschen Zeitung  vorliegt.

"In Großbritannien und Frankreich liegen die Anteile deutlich darüber", sagte Heinrich Beyer, Geschäftsführer der AGP. Die AGP bemüht sich seit Jahren um die Förderung der betrieblichen Partnerschaft und um die stärkere Beteiligung von Arbeitnehmern am Unternehmenserfolg. Davon unabhängig zeigt auch eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dass gesetzliche Verpflichtungen und steuerliche Anreize für Betriebe, die ihre Mitarbeiter am Erfolg beteiligen, in vielen Ländern zu einer größeren Verbreitung der Beteiligungsmodelle geführt haben als in Deutschland.

Engagement treibt Umsatz

Dabei profitieren die Firmen durch steigende Umsätze und Gewinne, wenn sie ihre Mitarbeiter am Unternehmen beteiligen, lautet ein Ergebnis von AGP und A.T. Kearney, die überwiegend mittelständische Firmen befragt haben. Bei der Befragung, die von 2004 bis 2006 lief, kam heraus, dass das durchschnittliche Umsatzwachstum über den entsprechenden Vergleichswerten lag.

"Während das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im Befragungszeitraum um fünf Prozent gestiegen ist, legte der Umsatz bei den befragten Firmen durchschnittlich um 27 Prozent zu", sagte Ekhard Popp, Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung bei A.T. Kearney. Auch die Zahl der Beschäftigten sei in dem Befragungszeitraum um zwei Prozent gestiegen, während der deutsche Durchschnitt einen Belegschaftsabbau von einem Prozent meldete, sagte Popp, der die Untersuchung geleitet hat.

Ziel war es, Motive für die Einführung von Beteiligungsmodellen herauszufinden. Mehr Identifikation der Beschäftigten mit der Firma und eine höhere Arbeitsmotivation waren der Befragung zufolge in erster Linie ausschlaggebend dafür. Die Verringerung des Krankenstandes und die Beschaffung von Eigenkapital wurde von den Firmen außerdem genannt.

Stille Beteiligung liegt vorn

Als Beteiligungsform wählten die Unternehmen am häufigsten stille Beteiligungen (28 Prozent) oder Belegschaftsaktien (24 Prozent). Im ersten Fall übernehmen Mitarbeiter stille Anteile am Unternehmen und werden am Gewinn beteiligt. Auch eine Verlustbeteiligung ist möglich. Die Zinsen sind für die Arbeitnehmer Einkommen aus Kapitalvermögen, für die Unternehmen ist das Kapital je nach Ausgestaltung Eigenkapital. Bei Belegschaftsaktien übernehmen die Beschäftigten Stammaktien oder stimmrechtslose Vorzugsaktien. Sie sind direkt am Erfolg oder Misserfolg beteiligt; die Ausschüttungen sind ebenfalls Einkommen aus Kapitalvermögen.

Da die Unternehmensgewinne in den vergangenen Jahren stärker gestiegen sind als die Reallöhne der Beschäftigten, wird die Mitarbeiterbeteiligung schon seit einiger Zeit wieder auf politischer Ebene diskutiert. Viele Firmen erwarten vom Gesetzgeber Regelungen zur nachgelagerten Besteuerung des im Unternehmen verbleibenden Lohns. Das bedeutet, dass Steuern und Sozialabgaben erst dann fällig sind, wenn die Kapitalbeteiligung endet, also die Anteile verkauft oder ausgezahlt werden. Dahinter steckt der Gedanke, dass Mitarbeiter ihre Anteile bis zur Rente halten, weil sie dann niedrigere Steuersätze haben.

Die von AGP und A.T. Kearney befragten Unternehmen befürworten neue Gesetzesregeln zur steuerlichen Begünstigung von Mitarbeiterbeteiligungen, zu der nachgelagerten Besteuerung und zur Vermögensbildung.

© SZ vom 21.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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