Middelhoff:Ein Exempel

Es ist nicht Zweck der Haft, einen Menschen zu brechen.

Von Heribert Prantl

Mag sein, dass der frühere Großmanager Thomas Middelhoff kein sympathischer Zeitgenosse war und ist. Mag sein, dass er vielen Menschen als Inbegriff von Rücksichtslosigkeit gilt. Es mag auch sein, dass er sich der Untreue in zahlreichen Fällen und der Steuerhinterziehung schuldig gemacht hat. Das einschlägige Urteil, drei Jahre Haft, ist noch nicht rechtskräftig. Ob schuldig oder nicht, ob noch Untersuchungs- oder schon Strafhaft: Zu den Zwecken einer Haft gehört es nicht, an einem Inhaftieren ein Exempel zu statuieren. Dieser Verdacht stellt sich aber ein, wenn man die Nachrichten darüber liest, wie es Middelhoff im Knast ergeht.

Es ist nicht Haftzweck, einen Menschen zu brechen. Und die nächtliche Beobachtung eines Gefangenen, der als selbstgefährdet gilt, muss so geschehen, dass der davon möglichst wenig beeinträchtigt wird. Fürsorge darf nicht zu Schikane werden. Haft ist als solche hart genug; sie darf nicht so gestaltet werden, dass sie einen Menschen mehr als unvermeidbar drangsaliert und malträtiert.

Es mag sein, dass sich viele Bürger bei den Nachrichten über Middelhoffs Haftsituation denken: Der soll nicht so wehleidig sein. Es mag auch sein, dass sie sagen: Das geschieht dem gerade recht. Aber: Es ist nicht recht, wenn ein Gefangener zum Objekt gemacht wird. Er ist Subjekt eines Strafverfahrens. Das Objekt von Vorurteilen oder Willkür darf er nicht werden.

© SZ vom 08.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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