Medien:Kirch PayTV vor der Insolvenz

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Vor einem Monat ist der Münchner Medienunternehmer Leo Kirch pleite gegangen, nun muss auch sein Abofernsehen Insolvenz anmelden.

Hans-Jürgen Jakobs und Klaus Ott

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wird sich die Kirch PayTV, die Dachgesellschaft des Bezahlsenders Premiere, am Mittwoch beim Amtsgericht München für zahlungsunfähig erklären.

Premiere wird trotz Insolvenz der Kirch PayTV die Fußball-WM übertragen (Foto: Archiv, dpa)

Und das kurz vor der Fußball-Weltmeisterschaft, dem größten Sportereignis, das der Sender bislang präsentierte. Alle 64 Spiele sollen live in Premiere zu sehen sein, ARD und ZDF übertragen (parallel zu Premiere) nur 24 Begegnungen. Premiere will seine Film-, Erotik- und Sportkanäle trotz der Insolvenz der Dachgesellschaft Kirch PayTV weiter ausstrahlen, die Fußball-WM soll auf alle Fälle gezeigt werden.

Geschäftsführer Georg Kofler hatte kürzlich in der SZ erklärt, auch nach einer Insolvenz der Dachgesellschaft Kirch PayTV werde der Sendebetrieb weiter gehen. Man werde alles tun, um die 2,4 Millionen Abos zu retten.

Kofler bleibt trotz der Pleite der Dachgesellschaft, die einen vorläufigen Insolvenzverwalter bekommt, weiter Geschäftsführer von Premiere. Er will mit neuen Gesellschaftern auf der Basis der bestehenden Aboverträge einen Neuanfang wagen.

Sondierungen für den Neuanfang

Der Premiere-Chef sprach bereits mit den Medienkonzernen Bertelsmann und Liberty Media. Auch der bisherige Mitbetreiber Rupert Murdoch ist am Erhalt des Senders interessiert. Murdoch und kleinere Partner der Kirch Pay TV hatten in den vergangenen Wochen mit den Hausbanken von Kirchs Abofernsehen über eine Kapitalspitze verhandelt.

Doch die Bayerische Landesbank und die HypoVereinsbank, die dem Abofernsehen zusammen rund 750 Millionen Euro geliehen haben, konnten sich mit Murdoch und dessen Partnern nicht auf eine Verteilung der Lasten einigen. Nunmehr sollen die Landesbank und die HypoVereinsbank dem Vernehmen nach neue Kredite gewähren, damit Premiere seinen Sendebetrieb aufrecht erhalten kann.

Insbesondere die halbstaatliche Landesbank dürfte stark unter Druck stehen. Ein schwarzer Bildschirm bei Premiere wäre ein Desaster für den Medien-Standort München, Bayerns CSU-Regierung und die Fußball-Bundesliga. Bei einem Ende des Abofernsehens in Deutschland würde die Bundesliga noch mehr Geld verlieren, als es sich nach der Pleite von Kirch derzeit bereits abzeichnet.

Bundesliga muss mit weniger Geld auskommen

Kirchs Kerngesellschaft, die kürzlich pleite gegangene Kirch Media, sollte den Profi-Klubs laut Vertrag mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL) in der nächsten Saison 360 Millionen Euro und in der übernächsten Spielzeit (2003/2004) gar 460 Millionen Euro für die Übertragungen in Premiere, Sat 1 und anderen Programmen zahlen.

Diese Beträge sind inzwischen Utopie, bereits in der abgelaufenen Saison blieb die Kirch Media rund 80 Millionen Euro schuldig. DFL-Geschäftsführer Wilfried Straub am Dienstag in München verhandelte mit der neuen Geschäftsführung von Kirch Media darüber, ob der Vertrag fortgeführt oder aufgelöst werden soll.

Ein Modell, das derzeit zur Debatte steht, sieht eine Ausweitung der Berichterstattung im frei empfangbaren Fernsehen vor, das dann auch mehr bezahlen soll. Der Sender Sat 1 will ab der nächsten Saison wieder Topspiele von Bayern München und Borussia Dortmund live übertragen. Der Abosender Premiere könnte dann finanziell entlastet werden.

Die Bundesliga muss aber in jedem Fall damit rechnen, dass sie in der nächsten Saison maximal 200 bis 250 Millionen Euro vom Fernsehen erlöst. Premiere-Chef Kofler, die Hausbanken der Kirch-Gruppe und die neue Geschäftsführung von Kirch Media haben bereits öffentlich erklärt, die Übertragungsrechte der Bundesliga und die Filmlieferungen aus Hollywood müssten deutlich billiger werden. Sonst sei eine Sanierung des Abofernsehens und der anderen Konzernteile von Kirch nicht möglich.

Radikales Sparprogramm soll Premiere retten

Sollte Premiere trotz aller Bemühungen nicht gerettet werden können, müsste die Bundesliga auf die Einnahmequelle Abofernsehen einstweilen ganz verzichten. Neben der Dachgesellschaft Kirch PayTV sollen am Mittwoch offenbar fast ein halbes Dutzend weitere Unternehmen des Abofernsehens für zahlungsunfähig erklärt werden, darunter auch eine Rechtehandelsfirma.

Eine Ausnahme bildet der Sender Premiere, dessen Betriebsgesellschaft einstweilen von der Insolvenz ausgenommen ist. Premiere verfügt durch seine Kunden über Aboerlöse in Höhe von fast 80 Millionen Euro im Monat. Um bei Premiere mit diesem Geld auszukommen, hat Geschäftsführer Kofler einen radikalen Sanierungskurs eingeschlagen.

800 der 2400 Arbeitsplätze werden in diesem Jahr gestrichen, außerdem soll auch eine Reihe von Programmen entfallen. Kofler setzt bei der Sanierung vor allem auch Film-, Erotik- und Fußballkanäle. Dem Medienkonzern Bertelsmann, der bereits bei Kofler sondiert hat, geht dessen Sanierungsplan aber nicht weit genug. Nach Aussagen von Bertelsmann-Managern müsste Premiere von den einst 30 Programmen auf nur noch drei Kanäle abgespeckt werden, um eine Überlebenschance zu haben.

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