Bertelsmann macht eine Kehrtwende: Der Plan, die Mehrheit am europäischen Fernsehkonzern RTL Group zu übernehmen, werde nicht weiter verfolgt, teilte Bertelsmann am Donnerstag Abend mit. Die Entscheidung kommt völlig überraschend. Denn erst Anfang dieses Monats hatten die Gütersloher bekanntgegeben, dass sie die restlichen RTL-Aktien an der Börse einsammeln und dafür bis zu 80 Euro je Anteilsschein zahlen wollen. Bertelsmann kontrolliert bereits knapp 90 Prozent an der RTL Group, die in Deutschland und in mehreren Ländern Europas aktiv ist. Das Geschäft hätte insgesamt knapp 1,3 Milliarden Euro gekostet.
Bertelsmann begründet die Entscheidung mit Unklarheiten im Luxemburger Übernahmegesetz. RTL hat seinen Sitz im Großherzogtum. Es bestehe keine Gewähr für Bertelsmann, dass RTL auch wirklich von der Börse genommen werden kann, heißt es.
Der Plan, RTL ganz zu übernehmen, war aufgrund eines Zeitungsberichts vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangt. Bertelsmann musste daraufhin die Planspiele bestätigen, die Gespräche mit den Behörden in Luxemburg waren aber offenbar noch nicht beendet. Nun fehle eine Rechtsgrundlage für eine erfolgreiche Transaktion, heißt es. Der Konzern teilte aber weiter mit, es würden auch künftig alle Möglichkeiten geprüft, um das strategische Ziel zu erreichen, RTL von der Börse zu nehmen.
Eigentlich wollte Bertelsmann mit der Komplettübernahme seine Spielräume erweitern. RTL ist einer der großen Ertragsbringer im Konzern. Aufgrund der Börsennotierung muss der Konzern aber nicht nur einen Teil der Gewinne mit Aktionären teilen, sondern kann auch nicht ungehindert die Geschäftspolitik bestimmen. Die RTL-Aktie war zuletzt auf 80 Euro gesprungen, war am Donnerstag aber vom Handel ausgesetzt. Gleichzeitig betonte Bertelsmann, dass am Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr festgehalten werde.