Martin Schulz bei Audi:Sanfte Töne

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Der SPD-Kanzlerkandidat startet seine Wahlkampfreise im Audi-Werk in Ingolstadt. Schulz fordert die Autohersteller zu Ehrlichkeit im Abgasskandal auf.

Von Markus Mayr, Ingolstadt

Ein Fingerzeig? Martin Schulz (rechts) sprach sich vor dem Gang durchs Audi-Werk mit dem Werksleiter Albert Mayer gegen Diesel-Fahrverbote aus. (Foto: dpa)

Ausgerechnet jetzt besucht Martin Schulz das Audi-Werk, das ausgerechnet auch noch in Ingolstadt steht. Der SPD-Kanzlerkandidat ist im Wahlkampf und hat am Montag seine sogenannte Sommerreise im traditionell schwarz regierten Bayern begonnen. Schulz versuchte, dort Stimmen von Audi-Mitarbeitern zu fangen. Ob ihm das gelungen ist, wird sich am 24. September zeigen, dürfte aber bezweifelt werden: Bei der Bundestagswahl vor vier Jahren hatte die SPD in der Heimatstadt des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer krachend gegen dessen CSU verloren: mit 17 Prozent zu 55 Prozent.

Was von Schulz' Besuch bei Audi aber bleiben wird, sind die schönen Bilder und die recht sanften Töne, die das Unternehmen und sein Mutterkonzern Volkswagen gerade so dringend brauchen.

Beide Firmen sollen millionenfach die Abgaswerte an Dieselmotoren manipuliert haben. Vergangene Woche kam es zur ersten Verhaftung in Deutschland, seitdem die Abgasaffäre vor zwei Jahren aufgeflammt war. Von dem früheren Audi-Manager Giovanni P., der nun in Untersuchungshaft sitzt, erhofft sich die Staatsanwaltschaft nützliche Erkenntnisse für die Ermittlungen gegen weitere Manager: Der Italiener soll bis vor wenigen Monaten am Werksstandort Neckarsulm für die Entwicklung von Dieselmotoren verantwortlich gewesen sein - und sein Anwalt hat angekündigt, dass er aussagen wird.

Entsprechend angespannt ist die Stimmung in den Chefetagen der Konzerne in dieser heiklen Zeit für die Autoindustrie. Und so ist der Leiter des Audi-Werks in Ingolstadt, Albert Mayer, sichtlich erleichtert über den Besuch des SPD-Kandidaten, dem er seine strahlenden Produktionshallen zeigen darf - und von dem er nur wenig Kritik zu erwarten hat.

Bevor Schulz an der Seite von Mayer zu einem Rundgang durch das Werk aufbrach, bemühte er sich um sanfte Töne. Zwar forderte er das Unternehmen zur Ehrlichkeit im Abgasskandal auf: "Ihr müsst, wenn Fehler gemacht worden sind, auch zu den Fehlern stehen." Die Grenzwerte müssten eingehalten werden. Doch stellte sich Schulz hinter den Dieselmotor, der in Verruf geraten ist. "Der Dieselmotor wird noch eine gewisse Zeit gebraucht werden", sagte Schulz und suggerierte dem Autobauer damit, dass er mit ihm als Kanzler weiterhin Dieselfahrzeuge in Deutschland bauen und auf die Straße schicken dürfe.

Schulz sprach sich in Ingolstadt gegen Diesel-Fahrverbote in Städten aus, die unter zu viel Feinstaub zu ersticken drohen. Es mache keinen Sinn, solche Verbote auszusprechen, sagte Schulz. Die Stadt Stuttgart hat bereits beschlossen, dass von 2018 an keine Dieselautos mehr in die Stadt fahren dürfen, sollte die Feinstaub-Belastung an einem Tag zu hoch sein. Andere Städte wie München diskutieren indes wegen hoher Stickstoffdioxid-Werte über mögliche Fahrverbote. Auf die Situation in München habe sich Schulz mit seinen Worten nicht bezogen, betonte er am Abend. Der Spaziergang durch die Fertigungsstraßen in Ingolstadt lieferte indes noch die erhofften Bilder. Ein beliebtes Motiv der Fotografen war der Plausch, den Schulz mit ausgewählten Beschäftigten bei Audi hielt.

© SZ vom 11.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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