Manager-Kontrolle an US-Flughäfen:Ende einer Dienstfahrt

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Immer mehr Geschäftsleute werden bei der Einreise in die Vereinigten Staaten festgehalten. Nicht einmal ein Visum hilft gegen die Kontrollwut der neugierigen Sicherheitsbeamten.

Andreas Oldag

Der Vorstandschef des britischen Rüstungskonzerns BAE Systems, Mike Turner, und sein Manager-Kollege Sir Nigel Rudd hatten ihre Reisepässe bereits gezückt. Da kamen zwei Herren der amerikanischen Grenzpolizei und erklärten die beiden Briten kurzerhand für festgenommen. Ort des Geschehens: der texanische Flughafen Houston. Die beiden BAE-Manager mussten sich einem halbstündigen Verhör unterziehen, bevor sie den Airport verlassen durften. Es geht um Bestechungsvorwürfe gegen Europas größten Rüstungskonzern.

Polizisten am Flughafen Boston: Volle Kontrolle bei der Einreise in die USA. (Foto: Foto: dpa)

Nun muss sich nach britischen Medienberichten ein weiterer BAE-Manager vor US-Strafverfolgungsbehörden verantworten: Kürzlich erhielt Alan Garwood am Flughafen Miami eine Vorladung zu einem "Interview". Er muss auch künftig damit rechnen, bei der Einreise in die USA festgehalten zu werden, wenn er nicht mit den Behörden kooperiert.

Umstrittene Sammelwut

Im Kampf gegen Wirtschaftskriminalität fackeln amerikanische Behörden nicht lange. Europäische Firmen klagen, dass ihre Mitarbeiter immer häufiger bei der Einreise in die USA festgehalten werden. Sogar ein Visum schützt nicht gegen peinliche Fragen. Ohnehin ist es mit der Freundlichkeit amerikanischer Grenzbeamten nicht weit her. Besucher, die sich in stickigen Flughafenhallen in lange Warteschlangen einreihen müssen, werden im schnodderigen Tonfall nach dem Zweck ihrer Reise ausgefragt.

Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hat das US-Heimatschutzministerium nicht nur Einreisebestimmungen verschärft, sondern auch in Zusammenarbeit mit der US-Bundespolizei FBI umfangreiche Datenbestände angelegt. Allein das 2003 gegründete "Terrorist Screening Center" des FBI verfügt über 950.000 Namen in seinen Computerdateien.

Offiziell heißt es, es gehe nur um die Suche nach Terrorverdächtigen. Kritiker argwöhnen indes, dass die US-Behörden auch Daten über andere Personen speichern. Insbesondere konzentriert sich die "Sammelwut" der Amerikaner offenbar auf vermeintliche Wirtschaftskriminelle.

Nur wenige beschweren sich

Diese Praxis stößt nicht nur bei Menschenrechtsorganisationen, sondern auch bei Unternehmerverbänden auf Widerspruch. "Unter britischen Geschäftsleuten wächst die Besorgnis über aggressive Überprüfungen an der amerikanischen Grenze", erklärte Rhian Chilcott vom britischen Unternehmerverband in Washington. Auch von deutschen Managern, die regelmäßig in die USA reisen, ist ähnliche Kritik zu hören. Konkrete Zahlen über schikanöse Befragungen gibt es jedoch nicht. Ohnehin beschwert sich meistens nur ein kleiner Teil der US-Besucher später bei den zuständigen Konsulaten.

Im Fall BAE Systems gehen die US-Behörden Vorwürfen nach, wonach der Rüstungskonzern Schmiergeld in Milliardenhöhe an hohe saudische Regierungsbeamte gezahlt haben soll. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht die Lieferung von Kampfflugzeugen des Typs Tornado und Eurofighter/Typhoon an Saudi-Arabien im Rahmen des sogenannten Al-Yamamah-Vertrags. BAE hat die Anschuldigungen zurückgewiesen.

Britische Behörden hatten die Ermittlungen im Dezember 2006 eingestellt, nachdem der damalige Premierminister Tony Blair die nationale Sicherheit gefährdet sah. Im Mai urteilte jedoch das höchste britische Gericht, dass die Einstellung des Verfahrens nicht rechtmäßig gewesen sei.

FBI-Beamte greifen zu

Nicht nur der Fall BAE Systems macht indes deutlich, dass die Amerikaner mit der zögerlichen Haltung europäischer Ermittlungsbehörden unzufrieden sind. "Wir müssen das Geschäft der Europäer machen und die Verdächtigen festnehmen", heißt es in FBI-Kreisen.

Das bekam auch der damalige Chef der britischen Internet-Wett-Firma BetOnSports zu spüren. Als David Carruthers 2006 auf dem Flughafen Dallas/Fort Worth in eine Maschine nach Costa Rica umsteigen wollte, nahmen ihn FBI-Beamte fest. Die US-Behörden werfen Carruthers Verschwörung und Betrug vor. Er steht bis heute unter Hausarrest in den USA und wartet auf seinen Prozess.

Glimpflicher kam der Schweizer Bankmanager Martin Liechti von UBS davon. Er wurde im Mai dieses Jahres bei der Einreise in Florida zeitweise festgesetzt.

Die US-Ermittler befragten ihn im Zusammenhang mit einem Steuerhinterziehungsverfahren, in das amerikanische UBS-Kunden verwickelt sind. Die Bank warnte nach diesem Vorfall Mitarbeiter vor einer Einreise in die USA.

© SZ vom 18.06.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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