Machtkampf in Atlanta:Niemand will Chef bei Coca-Cola werden

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Ein Weltkonzern wird zum Gespött der Branche: Seit Wochen fahndet Coca-Cola nach einen neuen Chef und findet keinen. Am Gehalt kann es wohl kaum liegen. Der Chef des Getränkekonzerns verdient rund 5,7 Millionen Dollar jährlich.

Von Andreas Oldag

An der Wall Street wird befürchtet, dass der Getränkehersteller bei Anlegern durch die quälende Chefsuche an Reputation einbüßt. Coca-Cola hat weltweit 50.000 Mitarbeiter und ist in mehr als 200 Ländern vertreten.

Nach nur wenigen Jahren im Amt hatte der bisherige Unternehmenschef und Leiter des Verwaltungsrats, Douglas Daft, im Februar selber seine Pensionierung bekannt gegeben. Der 60-Jährige geht Ende des Jahres in den Ruhestand. Seitdem sind Analysten und Investoren an der Wall Street zunehmend beunruhigt darüber, wer den Konzern führen wird. Schon ist die Rede von einem Management-Vakuum bei Coca-Cola, das sich negativ auf den Aktienkurs auswirken könnte.

"Unbefriedigend"

"Für Investoren ist dies im höchsten Maße unbefriedigend", meint Andrew Conway, Analyst bei Credit Suisse First Boston. Verunsichert hat die Wall Street vor allem auch die Tatsache, dass der Verwaltungsrat den bisherigen zweiten Mann, Steven Heyer, nicht sofort zum Nachfolger von Daft ernannt hatte.

Doch das vom Board eingesetzte, sechsköpfige Rekrutierungsteam unter Leitung des 77-Jährigen Coca-Cola-Veteranens Donald Keough konzentriert sich nun offenbar darauf, einen Kandidaten außerhalb des Konzerns zu finden.

Das ist das erste Mal seit 85 Jahren beim Hersteller der braunen Brause der Fall, deren Topleute sich traditionell vom Vertriebsleiter oder Marketingmanager nach oben arbeiten. Als heiße Kandidaten für die Daft-Nachfolge werden an der Wall Street Kerry Clark, stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender des Konsumgüterkonzerns Procter & Gamble, Robert Eckert, Chef des Spielzeugherstellers Mattel, Carlos Gutierrez, Chef des Lebensmittelkonzerns Kellog, sowie James Kilts, Boss des Rasierklingenanbieters Gilette, gehandelt.

Gerade Vertrag verlängert

Kilts ist Favorit des milliardenschweren Investors Warren Buffett. Der Investmentguru ist Board-Mitglied bei Coca Cola. Seine Firma Berkshire Hathaway hält acht Prozent der Anteile am Getränkekonzern. Das Problem ist allerdings, dass Kilts Vertrag bei Gilette gerade bis 2006 verlängert wurde. Es könnte deshalb schwierig werden, den Sanierungsexperten nach Atlanta zu locken.

Auch ist Buffett als Board-Mitglied selber unter Beschuss geraten. Der kalifornische Pensionsfonds Calpers fordert seine Ablösung, weil sich Buffett zusammen mit anderen Board-Mitgliedern bei der Bestellung der Wirtschaftsprüfer Firma Ernst & Young nicht an die Regeln einer guten Unternehmensführung (Corporate Governance) gehalten habe.

So könnte sich der interne Kampf um den Spitzenjob bis zum Sommer hinziehen, zumal sich auch Heyer, der 2001 von Time Warner zu Coco-Cola wechselte, noch Chancen ausrechnet.

Gewinnrückgang

Für den Konzern läuft die Zeit davon. Denn wirtschaftlich steht das Unternehmen keineswegs glänzend dar. Belastungen aus einer Umstrukturierung, höhere Ausgaben und ein schleppender Absatz von Erfrischungsgetränken in den Schlüsselmärkten USA und Japan haben dem Unternehmen im vierten Geschäftsquartal einen Gewinnrückgang auf 927 Millionen Dollar (Vorjahresquartal: 930 Millionen Dollar) beschert.

Zum geschäftsschädigenden PR-Flop geriet die Einführung eines Mineralwassers der Marke Dasani in Großbritannien. Kurz nach dem Verkaufsstart im Februar wurde bekannt, dass es sich um einfaches Leitungswasser handelte. Coca-Cola nahm die Marke aus dem Verkauf.

Ärger gibt es auch mit der EU-Kommission. Im Visier der Wettbewerbshüter sind Werberabatte, die Einzelhändler für eine markante Platzierung von Coca-Cola-Getränken gewährt wird. Die Amerikaner scheinen allerdings zu einem Kompromiss bereit, um ein Bußgeld zu vermeiden.

Den Justitiar entlassen

Seit Mai 2003 laufen Untersuchungen der US-Börsenaufsicht SEC und der Bundeskriminalpolizei FBI wegen Betrugs gegen Coca-Cola. Zwei ehemalige Angestellte behaupten, der Konzern habe seine Einnahmen Ende der 90er Jahre auf asiatischen Märkten künstlich aufgebläht. Zu diesem Zeitpunkt war Daft bei Coca-Cola für den Mittleren und Fernen Osten verantwortlich. Im Zusammenhang mit den Betrugsvorwürfen hat jetzt such Chefjustitiar Deval Patrick seinen Hut nehmen müssen.

© SZ vom 17.04.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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