Luftfahrt:Scheichs prüfen Einstieg bei Air Berlin

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Die Fluggesellschaft Etihad Airways erwägt nach Informationen der Süddeutschen Zeitung, als Investor bei Air Berlin einzusteigen.

Jens Flottau

Branchenkreisen zufolge beschäftigt sich die Führungsspitze bei Etihad seit Wochen intensiv mit den Plänen, hat aber noch keine Entscheidung getroffen. Auch der Aufsichtsrat des Staatsunternehmens aus Abu Dhabi ist dem Vernehmen nach noch nicht mit den Plänen befasst worden.

Bekommt Air Berlin einen neuen Investor? (Foto: Foto: dpa)

Etihad ist offenbar aus mehreren Gründen an Air Berlin interessiert. Einerseits könnte die deutsche Fluggesellschaft mit Zubringerdiensten Passagiere für die eigenen Langstreckenflüge beisteuern. Der Status als Anteilseigner bei Air Berlin würde Etihad, so das Kalkül, auch in eine bessere Verhandlungsposition für neue Verkehrsrechte nach Deutschland bringen, gegen die Konkurrent Lufthansa vor und hinter den Kulissen vehement kämpft. Und Air Berlin ist derzeit billig zu haben: Das gesamte Unternehmen kostet derzeit an der Börse 281 Millionen Euro, ungefähr so viel wie ein Airbus A380. Ein Etihad-Sprecher sagte auf Anfrage, das Unternehmen kommentiere "aus Prinzip Gerüchte und Spekulationen nicht". Auch Air Berlin will sich nicht äußern.

Vorbild Emirates

Etihad Airways wurde 2003 vom Emirat Abu Dhabi gegründet und versucht seither, den Erfolg des Nachbarn Emirates zu wiederholen. Derzeit betreibt Etihad eine Flotte von 39 Langstreckenflugzeugen, hat aber rund 100 weitere Maschinen bestellt. Etihad-Chef James Hogan hat sich zum Ziel gesetzt, das Unternehmen 2010 erstmals in die schwarzen Zahlen zu führen. Doch ob dies angesichts der starken Expansion, die mitten in eine weltweite Rezession fällt, gelingen wird, bezweifeln immer mehr Fachleute. Etihad veröffentlicht keine Finanzdaten. In Unternehmenskreisen heißt es aber, die Fluggesellschaft habe alleine im Jahr 2007 einen Verlust von mehr als einer Milliarde US-Dollar gemacht. Der Aufsichtsrat soll Hogan deswegen derzeit zunehmend unter Druck setzen.

Ob eine Zusammenarbeit von Etihad und Air Berlin wirklich gut funktionieren könnte, bezweifeln Insider. Etihad fliegt in Deutschland nur Frankfurt und München an, Air Berlin ist aber in Düsseldorf und Berlin besonders stark vertreten und betreibt ansonsten ein vergleichsweise breit aufgefächertes Streckennetz. Die Airline hatte Anfang des Jahres versucht, sich mit neuen Langstreckenflügen direkt gegen ihren größeren Konkurrenten Lufthansa zu stellen, musste das Projekt aber nach kurzer Zeit wegen hoher Anlaufverluste wieder einstellen.

Ein Einstieg von Etihad würde bedeuten, dass sich Air Berlin strategisch erneut in diese Richtung und weg vom alten Kerngeschäft der Ferienflüge bewegen müsste.Nichtsdestoweniger könnte Air Berlin einen weiteren finanzstarken Investor gut gebrauchen - alleine, um das Vertrauen in die eigene Finanzkraft zu verbessern. Der Geschäftsmann Leonard Blawatnik, ein Amerikaner russischer Herkunft, hält seit diesem Jahr 18,94 Prozent an der Fluggesellschaft.

Unklar ist, ob Etihad eine Mehrheit an Air Berlin anstrebt. Dies wäre zwar wegen besserer Kontrolle sinnvoll, ist aber rechtlich problematisch. Air Berlin droht dann - als mehrheitlich nicht-deutsches Unternehmen - Verkehrsrechte zu verlieren. Abkommen zwischen Deutschland und den betroffenen Staaten müssten neu verhandelt werden.

© SZ vom 19.12.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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