Letztes gemeinsames Frühjahrsgutachten:Neuer Wettbewerbsdruck für Wirtschaftsinstitute

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Die, die immer den Wettbewerb fordern, bekommen ihn nun selbst zu spüren: Künftig sollen Deutschlands führende Institute um die Erstellung der Wirtschaftsgutachten konkurrieren - Zuschlag bekommt die beste Qualität zum günstigsten Preis.

Seit 1950 gibt es jeweils das Frühjahrs- und das Herbstgutachten für die deutsche Wirtschaft. Die Gemeinschaftsdiagnose (GD) wurde seitdem immer von einem Kreis derselben Wirtschaftsforschungsinstitute erstellt.

Doch mit dem am Donnerstag vorgestellten Frühjahrsgutachten endet diese Ära. Ab Herbst müssen Forschungsinstitute um den Gutachtenauftrag konkurrieren.

Bislang sechs Institute beteiligt

An dem Gutachten waren bisher das Essener RWI, des Berliner DIW, das Münchner ifo-Institut, das Kieler IfW, das IWH in Halle (Saale) und das Hamburger Welt-Wirtschafts-Archiv HWWA beteiligt.

Die Forscher gingen zweimal im Jahr zwei Wochen in Klausur und feilten an ihrer Prognose. Anschließend präsentierten sie das Gutachten, das der Bundesregierung als Grundlage für die Haushaltsplanung und die Steuerschätzung dient. Dabei übten sie oft Kritik an der aktuellen Politik.

Der Bundesregierung war die Prognose deshalb immer mehr ein Dorn im Auge. Sie nahm die Gutachten entgegen, befolgte die Ratschläge der Forscher aber kaum. Zuletzt wurden die Institute offen kritisiert. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) entschied sich im vergangenen Jahr für ein neues Verfahren.

Künftig maximal vier Auserwählte

Künftig gibt es jeweils einen Wettbewerb um die beiden Gutachten. Den Zuschlag erhält das Institut, bei dem Qualität und Preis am besten sind, maximal werden vier ausgewählt.

Außer den bisher Beteiligten haben etwa das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln oder die Konjunkturforschungsstelle der Technischen Hochschule Zürich (KOF) Interesse angemeldet.

Künftig sollen Politiker bei den Beratungen der Forscher beobachtend mit am Tisch sitzen. Regierung und Wissenschaft sollen weniger Gegenspieler und stärker Partner sein. Die Hoffnung ist, dass die Politiker die Ratschläge von Forschern, die sie selbst jeweils ausgewählt haben, auch bereitwilliger befolgen werden.

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