Lego:Auf der Suche nach dem besseren Stein

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Das Legoland Discovery Centre in Berlin im Zeichen des Besuchs der englischen Queen: die Figuren der Königin und Kanzlerin Merkel auf einem Modell des Brandenburger Tors. (Foto: Hannibal Hanschke/Reuters)
  • Lego will Steine aus neuem Material. 100 Forscher sollen danach suchen - bis 2030.
  • Das Unternehmen ist stolz, weil bereits die Verpackungsgrößen reduziert wurden und weniger CO₂ verbraucht wird.

Von Korbinian Eisenberger, München

Legosteine, die sich im Verdauungstrakt verhaken, können kurzfristig recht unangenehm sein. Wie schädlich jedoch auf lange Sicht all jene Spielsachen sind, deren Besitzer die Warnhinweise beherzigen, lässt sich gar nicht erst bemessen. Die Herstellung von Plastikspielzeug verursacht meist giftige Abfallstoffe. Diese wandern häufig ins Grundwasser, noch bevor das Endprodukt im Kinderzimmer landet. Wer zudem die Unverfrorenheit besitzt, einen ausgedienten Legostein wegzuwerfen, der setzt die Natur dem schädlichen Kunststoff gleich ein zweites Mal aus. Genau damit soll künftig Schluss sein.

Der größte Spielzeughersteller der Welt hat angekündigt, seine Steine und Figuren aus nachhaltigeren Rohstoffen herstellen zu wollen. Woraus das neue Material genau gefertigt sein soll, gab Lego nicht bekannt. Um dies zu ergründen, will Lego 100 Spezialisten einstellen und ein eigenes Forschungszentrum aufbauen. Eine Milliarde dänische Kronen - umgerechnet 134 Millionen Euro - sollen in die Entwicklung von "neuen, nachhaltigen Rohstoffen" für Steine, Figuren und Verpackung fließen. Bis tatsächlich das erste ökologisch abbaubare Lego-Starwars-Schiff über die Ladentheke geht, dürfte es aber noch viele Jahre dauern.

Panda-Schlüsselanhänger aus gentechnikfreiem Mais

Mit diesem "großen Schritt", sagt Präsident Jørgen Vig Knudstorp, wolle er sich bis 2030 Zeit lassen. So lange brauche Lego auf seinem "Weg zum Umstieg auf nachhaltige Materialien". Immerhin habe der Konzern bereits die Verpackungsgrößen und den CO₂-Verbrauch reduziert. Damit habe Lego längst "eine positive Wirkung auf den Planeten hinterlassen", sagt Knudstorp. Jetzt rüttelt der Konzern an den Grundfesten seiner eigenen Substanz. Ein dänisches Unternehmen mit ökologischem Pioniergeist - so scheint es.

Tatsächlich bieten gerade in Deutschland schon seit längerem zahlreiche Hersteller nachhaltiges Spielzeug an - etwa auf Webseiten mit kleineren Anbietern wie "Green4Kids" oder "Grünes Spielzeug". Playmobil, größter Hersteller der Branche in Deutschland, macht nach eigenen Angaben bereits "permanent Versuche mit regenerativen Rohstoffen". Und: "Wir prüfen nachhaltige Alternativen in unserer Produktion", sagt Vorstand Robert Benker. Zum Einsatz kommen die nachhaltigen Materialien beim Lego-Konkurrenten jedoch eher selten.

Vor zwei Jahren brachte Playmobil einen Panda-Schlüsselanhänger aus gentechnikfreiem Mais auf den Markt. Verglichen mit dem Sortiment ist das recht wenig - aber gut. "Ökologische Effizienz" schreibt sich schließlich auch der US-Konzern Mattel, hinter Lego zweitgrößter Spielzeughersteller der Welt, auf die Fahnen. Mit der Begründung, der Konzern habe seinen CO₂- und Wasserverbrauch in den vergangenen Jahren reduziert. Davon, ökologisch abbaubar zu sein, ist Mattels Barbie-Puppe freilich weit entfernt. Nur nichts überstürzen bei der Nachhaltigkeit, so der Tenor der Spielzeughersteller. Ob es die Angst vor höheren Kosten ist?

Kooperation mit Shell

Tatsächlich ist es dem deutschen Produktsicherheitsgesetz zufolge so: Damit man von nachhaltigem Spielzeug sprechen kann, muss zumindest ein Teil nachweislich ökologisch und fair hergestellt sein. Nachhaltige Barbie-Kleider und Öko-Kuscheltiere müssten überwiegend mit Baumwolle oder Wolle aus biologischem Anbau oder Bio-Tierhaltung genäht sein. Holz- und Papierprodukte müssten hierzulande aus europäischen Wäldern und nachhaltiger Forstwirtschaft stammen. Und selbstverständlich müsste alles zertifiziert und überprüft sein. Das ist deutlich teurer, als das übliche Material, das in Deutschland verwendet werden darf. Ein Preis, den viele Hersteller weder zahlen noch auf ihre Kunden abwälzen wollen. Stattdessen verwenden sie günstigere Materialien.

Bis eine Legoburg jedoch verpackt im Laden steht, werden viele Liter Erdöl verbraucht. Die Abfälle, die bei der Herstellungs des Kunststoffs Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymerisat anfallen, werden als krebserregend, leicht entzündbar und wasserschädlich eingestuft. Ähnliches gilt für viele andere herkömmlich hergestellte Spielsachen. Lego gibt sich jetzt 15 Jahre Zeit, um dem ein Ende zu bereiten. Immerhin: Abzusehen war das bis vor kurzem nicht.

Mehr als 50 Jahre lang hatte Lego eine Kooperation mit dem Ölkonzern Shell. Lego druckte deren Logo auf Spielzeugfahnen, Shell gab sich mit mannshohen Figuren und Kundengeschenken aus Lego kinderfreundlich. Auf Druck der Umweltschutz-Organisation Greenpeace kündigte Lego im Oktober 2014 an, den laufenden Vertrag nicht mehr zu verlängern. Im Frühjahr 2016 soll Schluss sein mit Shell. 2030 dann mit Plastik. Bis dahin wird Lego wie gehabt jährlich um die 60 Milliarden Einzelteile aus Erdöl fabrizieren.

© SZ vom 24.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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