Lebensmittel-Discounter:Lidl gibt höheren Milchpreis an Lieferanten weiter

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Der Discounter Lidl will die Milchpreiserhöhungen an seine Lieferanten weitergeben. Die Bauern müssen sich nun mit diesen einigen, wie viel sie vom höheren Preis abbekommen. Umatzeinbußen wegen der Bespitzelungsaffäre fürchtet Lidl-Aufsichtsratschef Gehrig im SZ-Gespräch nicht - und erklärt, auch künftig vereinzelt schnüffeln lassen zu wollen.

"Wir haben uns verpflichtet, die Preiserhöhung vollständig an die Molkereien weiterzureichen", sagte Klaus Gehrig, Aufsichtratschef von Lidl der Süddeutschen Zeitung. Nun sei es an den Landwirten mit den Milchverarbeitern auszuhandeln, dass davon auch genügend bei ihnen ankommt.

Wurde im Streit um den Milchpreis von den Landwirten hart kritisiert: der Lebensmittel-Discounter Lidl. (Foto: Foto: dpa)

Der Billiganbieter hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass er als erster in der Branche die Preise für Milch und Butter von Montag an um zehn bis zwanzig Cent erhöhen wird. Gehrig zeigte ein gewisses Verständnis für das Anliegen der Bauern, stellte zugleich aber klar, dass die Preiserhöhung bei den Verbrauchern nur durchsetzbar sei, weil 80 Prozent der deutschen Bevölkerung derzeit hinter den Milchbauern stehe.

Das grundsätzliche Problem des Milchmarktes lässt sich nach seinen Worten mit einer Preiserhöhung allein nicht lösen. "Wir sind verpflichtet, unseren Kunden einen guten Preis zu liefern und können auf Dauer nur dort einkaufen, wo der Preis, die Leistung und die Qualität stimmen", ergänzte Gehrig.

Ursache für den erneuten Preisverfall am Milchmarkt in den vergangenen Monaten sei die Überproduktion in Deutschland. Im vergangenen Jahr habe der Überschuss noch viele Abnehmer auf dem Weltmarkt gefunden. Der hohe Euro habe den deutschen Milchbauern jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Es sei nun Aufgabe der Politik, hier eine nachhaltige Lösung zu finden - und zwar auf europäischer Ebene, forderte Gehrig. Lidl ist nach Aldi der zweitgrößte Discounter in Deutschland. Erhöht einer der beiden Händler die Preise, dann zieht in der Regel die gesamte Branche nach.

Gehrig: Auch Verhalten von Vorgesetzten soll geprüft werden

Der Wettbewerb unter den Billiganbieter ist laut Gehrig in den vergangenen Jahren schärfer geworden, nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland. Die Gewinnspannen in der Branche seien gesunken, ergänzte er. "Wenn wir vor einigen Jahren in Spanien oder Italien eine Filiale eröffnet haben, dann konnte die meist im zweiten Jahr schon Erträge erwirtschaften. Diese Zeiten sind vorbei.", ergänzte er. Trotzdem will Lidl im In- und Ausland weiter exandieren. In Deutschland umfasst das Netz des Discounters momentan etwa 3000 Filialen. Lidl plant in den nächsten Jahren einen Ausbau auf 4000 Filialen.

Umatzeinbußen wegen der Bespitzelungsaffäre bei Lidl befürchtet der Aufsichtratschef dagegen nicht. Die illegale Überwachung von Mitarbeitern hatte vor einigen Wochen in Deutschland für Empörung gesorgt. "Die Affäre hat sich höchstens einen Tag lang negativ ausgewirkt", sagte Gehrig.

Er rechne daher nicht mit nachhaltigen Auswirkungen auf das Jahresergebnis. Im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschaftete die Schwarz-Gruppe, zu der Lidl gehört, einen Gesamtumsatz in Höhe von 50 Milliarden Euro.

Der Discounter werde dennoch Konsequenzen aus der Affäre ziehen, sagte Gehrig weiter. Er räumte ein, dass es in der Vergangenheit Versäumnisse in der Mitarbeiterführung gegeben habe. "Wir haben sicher einige Fehler gemacht, aus denen wir lernen können", räumte er ein. So werde etwa bei der Ausbildung von Führungskräften künftig mehr Wert auf Sozialkompetenz gelegt. In Mitarbeiterbefragungen soll außerdem regelmäßig das Verhalten von Vorgesetzten geprüft werden.

Auf die Überwachung von einzelnen Filialen will Lidl aber auch in Zukunft nicht verzichten. Insgesamt verliere das Unternehmen jedes Jahr 100 Millionen Euro durch Warendiebstähle von Kunden und Angestellten, sagte Gehrig. "Deshalb sind wir gezwungen zu kontrollieren. Dabei werden wir aber anders vorgehen als in der Vergangenheit." Nach seinen Angaben soll es künftig aber keine unkontrollierten Detektiv-Einsätze mehr geben. Um dies auszuschließen, werde derzeit mit dem früheren Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Joachim Jacob, ein neues Sicherheitskonzept entwickelt.

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