Langzeitstreit:Arag-Chef muss Millionen zahlen

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Seit 1983 streitet er mit seiner Schwester um das Familienerbe. Nun hat ein Gericht entschieden - ein Ende ist trotzdem nicht absehbar.

Von Anna Gentrup, Düsseldorf

Darin steckt Ironie: Paul-Otto Faßbender, der Eigner und Chef von Deutschlands drittgrößtem Rechtsschutzversicherer Arag aus Düsseldorf, ist privat in den längsten Rechtsstreit verwickelt, den das Landgericht Düsseldorf in seiner Geschichte erlebt hat. 1983, also vor 34 Jahren, begann das Verfahren zwischen dem heute 70-jährigen Arag-Chef und dessen vier Jahre jüngerer Schwester Petra Faßbender um das Familienerbe.

Am Mittwoch fällte Richterin Barbara Strupp-Müller das Urteil. Der Versicherungschef muss seiner Schwester etwa 3,5 Millionen Euro als Ausgleich zahlen. Petra Faßbender muss hingegen 70 Prozent der Prozesskosten tragen, die sich auf mehrere 100 000 Euro belaufen: 135 000 Euro fallen für die Gerichtskosten an, dazu kommen rund 270 000 Euro für Anwaltsgebühren beider Seiten. Die Kosten für Sachverständige werden auf 100 000 bis 200 000 Euro geschätzt.

Mit dem Urteil endet der Rechtsstreit vorerst, die Klägerin kann jedoch Berufung einlegen und hat das bereits angekündigt. Dann muss sich das Oberlandesgericht Düsseldorf mit dem Fall befassen.

Der Ursprung des Streits liegt weit zurück - im Jahr 1972, als der Vater Walter Faßbender im Alter von 54 Jahren plötzlich an einem Herzinfarkt verstirbt. Seitdem streiten die Geschwister erbittert um Ansprüche aus dem Nachlass.

Dem Testament von 1965 zufolge sollte das Erbe zu gleichen Teilen aufgeteilt werden: Paul-Otto sollte die Firmenanteile bekommen, seine Schwester eine Ausgleichszahlung. Über deren Höhe brach jedoch heftiger Streit aus. Strittig war, wie viel das Unternehmen - und damit die von Sohn Paul-Otto geerbten Anteile - zum Todestag des Vaters im Jahr 1972 wert war.

Mehrere Gutachten, Gegengutachten und zahllose Fragen waren nötig, um zu klären, wie viel der Bruder seiner Schwester auszahlen muss. Das Verfahren zog sich über viele Jahre. Bevor es jetzt zu einem Urteil kam, verstarben ein Gutachter und ein Anwalt. Die Nachfolger mussten sich in den komplexen Fall einarbeiten.

Paul-Otto Faßbender ist mit dem Urteil fein raus. Mit 3,5 Millionen Euro muss der Arag-Chef deutlich weniger zahlen, als er zuvor zur Streitbeilegung angeboten hatte. In einem außergerichtlichen Vergleich wollte er der Schwester zehn Millionen Euro zahlen, um den Streit noch zu Lebzeiten der Mutter zu beenden. Die Schwester hatte jedoch abgelehnt und 15 Millionen Euro aus dem Erbe gefordert. Ob Paul-Otto auch nach dem Urteil noch dazu bereit ist, die damals gebotene Summe zu zahlen, müsse man prüfen, sagte sein Rechtsanwalt Gerd Krieger von der Düsseldorfer Kanzlei Hengeler Mueller nach der Verkündung des Urteils. "Paul-Otto Faßbender hat immer gesagt, dass er seine Schwester fair behandeln und den Prozess von den Hacken haben will", sagte er.

Paul-Otto Faßbender würde es begrüßen, wenn seine Schwester Petra das Urteil rechtskräftig werden lässt, damit er ihr den Betrag überweisen kann, sagte sein Sprecher. "Er will diese Auseinandersetzung endlich beenden." Der Streit vernichte Ressourcen, monierte Faßbender vor der Urteilsverkündung

Der promovierte Jurist kennt lange Rechtsstreits, sie begleiten ihn sein halbes Leben. Nach dem Tod des Vaters klagte sich Faßbender zäh durch alle Instanzen, um seinen Einfluss im Unternehmen zu sichern, das sein Vetter kontrollierte, und setzt sich erst 1998 durch. Auch mit der Bundesregierung stritt er. Die von dem Hobbypiloten organisierte Verfassungsbeschwerde gegen die Abschusserlaubnis von Privatflugzeugen bei Terrorgefahr hatte 2006 Erfolg.

© SZ vom 06.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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