Landesbanken:Gemeinsam auf Kundenfang

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Fischerboote in Xianrendao in der Provinz Liaoning, nordöstlich von China. Für deutsche Firmen ist die Volksrepublik ein wichtiger Markt. (Foto: Johannes Eisele/AFP)

Bislang begleiten oft Privatbanken deutsche Firmen ins Ausland. Nun wollen die Landesbanken wieder in das Geschäft einsteigen. Dafür müssen sie auch Kooperationen eingehen.

Von Meike Schreiber

Kommt es so, wie das Münchener Ifo-Institut jüngst prognostizierte, dann wird Deutschland 2016 wieder China als Land mit den weltweit größten Exportüberschüssen ablösen. Allein im ersten Halbjahr übertrafen die deutschen Warenexporte die Importe um 159 Milliarden Dollar. Was volkswirtschaftlich betrachtet nicht nur von Vorteil ist, weil sich andere Staaten dafür hoch verschulden müssen, um ihre Importe zu finanzieren, weckt hierzulande jedoch Begehrlichkeiten - zum Beispiel bei den Banken, die dem heimischen Mittelstand bei Exportgeschäften helfen wollen.

Marktführer im Bereich der Außenhandelsfinanzierung sind seit Langem Commerzbank und Deutsche Bank. Doch seit einiger Zeit versuchen auch die Landesbanken wieder einen Teil von dem lukrativen Geschäft abzubekommen. So wie die Bayern-LB, die erst vor wenigen Wochen einen neuen Vorstoß in diese Richtung bekannt gab: Zusammen mit der britischen Bank Standard Chartered, die in Asien über 800 Filialen betreibt, will die Landesbank künftig exportstarke deutsche Unternehmen bei Geschäften in der Wachstumsregion begleiten. "Dank der Kooperation mit den Asienexperten der Standard Chartered decken wir für unsere deutschen Unternehmens- und Sparkassenkunden ab sofort ganz Asien ab", sagt Firmenkundenvorstand Michael Bücker.

Wegen der strengen Regulierung lohnen sich eigene Niederlassungen kaum noch

Zu diesem Zweck selbst eine große Präsenz aufzubauen, das ist dabei längst nicht mehr das Ziel der Bayern-LB. Anders als zu Boom-Zeiten vor der Finanzkrise, als das Institut noch weltumspannend tätig war und sogar eigene Niederlassungen in Hongkong, Schanghai, Peking oder Mumbai unterhielt - wohlgemerkt nicht nur, um deutsche Firmen ins Ausland zu begleiten, sondern sogar, um vor Ort Kredite zu vergeben. Nach der Schieflage in der Finanzkrise und der Rettung durch den Freistaat Bayern verordnete die EU-Kommission jedoch den Abschied von den globalen Ambitionen.

Hinzu kommt: Angesichts strenger Regulierung lohnen sich eigene Niederlassungen im Ausland heute kaum noch für mittelgroße Banken. Selbst als die Commerzbank jüngst in Brasilien eine eigene Banktochter wiederbelebte, sorgte das bei Experten für Stirnrunzeln.

Kooperationen hingegen können ein Ausweg sein, zumindest solange sich die Partner die richtigen Anreize für die Zusammenarbeit verordnen. Standard Chartered kenne Firmenkunden in Asien gut und könne die Ausfallrisiken bei den Handelspartnern deutscher Firmen in der Region gut einschätzen, sagt Bücker. Standard Chartered wiederum erhofft sich über die Bayern-LB Zugang zu exportstarken deutschen Mittelständlern, mit denen das britische Institut bisher kaum Geschäfte macht. "Wir sind absolut komplementär", sagt Standard-Chartered-Deutschlandchef Heinz Hilger. "Wir stehen uns im tagtäglichen Wettbewerb nicht im Weg." Konkret soll es bei der Zusammenarbeit um die Abwicklung von Akkreditiven - das sind Instrumente zur Zahlungssicherung - sowie Risikoübernahmen und Garantien im Außenhandel gehen - und dabei vor allem um den Handel mit Asien.

Suchen deutsche Unternehmen am Ort nach einem Akkreditivgeber, spricht die Bayern-LB dann zunächst Standard Chartered an, und umgekehrt. Die Bayern-LB will damit auch mit deutschen Mittelständlern ins Geschäft zu kommen, die bislang keine Kunden sind. Seien diese hinsichtlich des Umsatzes zu klein, dann vermittelt die Landesbank die Kontakte an die örtliche Sparkasse. "Die Partnerschaft ist nicht exklusiv", sagt Vorstand Bücker. "Kunden behalten immer die Freiheit, das Geschäft mit ihrer Hausbank abzuschließen." Wenn die Kooperation in Asien gut laufe, könnte sie auch auf andere Regionen ausgeweitet werden. Standard Chartered hat seinen Firmensitz in London. Die Kernmärkte des Instituts liegen allerdings in Asien, Afrika und dem Nahen Osten.

Ähnliche Ziele hat sich auch die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) gesetzt, die 2014 auf Anregung der 25 größten deutschen Sparkassen eine Kooperation mit der Bank of New York Mellon einging, um sich ein größeres Stück aus dem Kuchen der Auslandsfinanzierungen zu sichern. Dem Vernehmen nach könnte die Kooperation zwar etwas besser laufen als geplant, gleichwohl sind die Partner zufrieden. "Wir haben dank der Kooperation ein weiteres Vertriebsargument", sagt Matthias Peschke, Vorstand der Sparkasse Heilbronn. Man wolle "für die Firmenkunden ein attraktiver Partner sein", und da gehöre die Außenhandelsfinanzierung dazu.

Noch besser wäre es nach Ansicht von Peschke aber, die fünf großen Landesbanken würden im Außenhandelsgeschäft mit einer Stimme sprechen: "Dann könnte die Sparkassen-Finanzgruppe ihre gute Position auf dem Inlandsmarkt sehr viel besser auch im Auslandsgeschäft nutzen."

Davon dürften die Landesbanken, die sich stets in inniger Konkurrenz gegenüberstehen, zwar weit entfernt sein. Viele Firmenkunden aber suchen sehr wohl nach einer Bank, die sich auch am Ort auskennt. Laut einer Umfrage der genossenschaftlichen DZ Bank unter Firmenkunden ist die Finanzierung der Auslandsexpansion zwar wichtig für die Unternehmen, sie steht aber nicht im Vordergrund: Am meisten gefragt (40 Prozent) ist hingegen eine Aufklärung über die Wettbewerbssituation am Ort.

© SZ vom 08.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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