Krisengipfel in Düsseldorf:Weiterer Interessent für BenQ Mobile

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Nachdem ein Konsortium vor kurzem Interesse für BenQ bekundet hatte, wagt sich nun ein zweiter Interessent aus der Deckung. Der Investor würde 1700 BenQ-Beschäftigte übernehmen.

Markus Balser

Bei dem Bieter handele es sich nach Angaben aus Verhandlungskreisen um die amerikanische Firma Sentex Technologies mit Sitz in Cleveland/Ohio.

Verwirrung bei BenQ-Mitarbeitern: Heißt es bald Sachen packen oder dürfen sie weiter arbeiten? (Foto: Foto: AP)

Der Präsident des US-Unternehmens, Henrik Rubinstein, habe am Montag überraschend erklärt, seine Firma sei bereit, bis zu 1700 BenQ-Mitarbeiter in Kamp-Lintfort und München zu übernehmen.

Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben bereits ein Kaufangebot abgegeben und mit dem Land Nordrhein-Westfalen verhandelt. Über die Details der Offerte wurde am Montag zunächst nichts bekannt. Sentex war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

"Es gibt mehrere Interessenten"

Eine Sprecherin des Insolvenzverwalters Martin Prager wollte die Angaben am Montag nicht kommentieren, erklärte aber, es gebe mehrere Interessenten für BenQ Mobile. Ein deutsch-amerikanisches Investorenkonsortium hatte in der vergangenen Woche die Übernahme von 800 Beschäftigten in Aussicht gestellt, dies jedoch an weit reichende Forderungen geknüpft. Dabei geht es den Angaben zufolge um 500 Stellen in Kamp-Lintfort und 300 Stellen in München.

Die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Bayern hielten sich derweil mit Zusagen an potentielle Investoren zur Rettung des letzten deutschen Handy-Herstellers zurück. Eine kostenlose Beschäftigung der Mitarbeiter zur Rettung des Unternehmens sei "nicht vorstellbar", sagte die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Christa Thoben.

Am Nachmittag begann in Düsseldorf eine erste Gesprächsrunde mit der deutsch-amerikanischen Gruppe, in denen diese Details ihrer Pläne vorlegen sollte. Diese sollen den Ländern als Grundlage für die Entscheidung über mögliche Bürgschaften dienen.

Strittig ist offenbar nach wie vor die Finanzierung. Die Investorengruppe habe die Frage aufgeworfen, inwiefern Siemens die für eine Transfergesellschaft gedachten Gelder für den Fortbestand der 800 Arbeitsplätze umschichten könne.

Zähe Verhandlungen

Mit einer schnellen Entscheidung sei nicht zu rechnen, hieß es aus Verhandlungskreisen. In den nächsten Tagen müssten weitere Gespräche über den Kaufpreis sowie die mögliche Nutzung von Namensrechten geführt werden, hieß es. Wer genau hinter der ersten Interessentengruppe steht, war unmittelbar vor Beginn der Gespräche noch offen. Hansjörg Beha, Vertreter der SF Capital Partners, wollte sich nicht zu Details oder Mitgliedern der Gruppe äußern.

Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von BenQ Mobile, Josef-Michael Leucker, betonte ebenfalls, dass eine Beschäftigung der Mitarbeiter ohne entsprechende Bezahlung "indiskutabel" sei.

"Die Betroffenen mussten in der vergangenen Zeit bereits so viele Einschnitte hinnehmen. Zu arbeiten für einen Bruchteil des normalen Lohns ist für uns nicht akzeptabel", sagte Leucker. Der Sprecher der IG Metall in Nordrhein-Westfalen, Wolfgang Nettelstroth, zeigte sich "sehr skeptisch, ob die Gespräche den gewünschten Erfolg bringen. Wir brauchen ein Konzept, das den Betroffenen neue Hoffnung gibt", forderte er.

Weiterbeschäftigung muss gesichert sein

Die derzeitige Situation des insolventen Handy-Herstellers schätze er als "äußerst schwierig" ein. Das Angebot der Investorengruppe müsse genau geprüft werden. "Es muss Gewissheit herrschen, dass die Pläne eine Weiterbeschäftigung sichern", sagte Nettelstroth.

Auch der bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) warnte die Investoren vor unrealistischen Forderungen. "Wenn einer mit null Kapital kommt und erwartet, dass die öffentliche Hand die Erhaltung finanziert, ist das außerhalb der Realität. Schnäppchenjäger, die schnelle Gewinne, ausbeuten und ausschlachten wollen, hätten keine Chance, sagte er.

BenQ Mobile mit den Standorten Kamp-Lintfort und Bocholt in Nordrhein-Westfalen sowie München war aus der defizitären Handysparte des Münchner Technologiekonzerns Siemens hervorgegangen. Ende September 2006 beantragte das Unternehmen mit damals rund 3000 Beschäftigten Insolvenz, nachdem der taiwanische Mutterkonzern nur ein Jahr nach der Übernahme die Zahlungen an die deutsche Tochter eingestellt hatte. Mit Jahresbeginn wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

© SZ vom 09.01.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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