Korruptionsskandal bei Siemens:Pierer wehrt sich gegen Kritik

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Die Staatsanwaltschaft will im Juni entscheiden, ob im Korruptionsskandal bei Siemens gegen Heinrich von Pierer ermittelt wird. Der Ex-Konzernchef wehrt sich gegen Kritik an ihm.

Klaus Ott

Der ehemalige Siemens-Chef Heinrich von Pierer wehrt sich gegen den Verdacht, er habe einen in den Korruptionsskandal verwickelten Manager mit einem ,,goldenen Handschlag'' verabschiedet. Pierer weist auch den Vorwurf zurück, er habe den Aufsichtsrat des Konzerns in dieser Sache hintergangen.

Der langjährige Vorstandsvorsitzende der Siemens AG und spätere Aufsichtsratschef Pierer beharrt darauf, während seiner Amtszeit stets korrekt gehandelt zu haben und in keiner Weise in die Schmiergeldaffäre des Konzerns verstrickt zu sein.

In einem der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Brief an den Aufsichtsrat äußert sich Pieter ,,tief betroffen'' über Anschuldigungen, in denen ihm ein massives Fehlverhalten bei einer Millionenabfindung für einen früheren Manager aus der Kraftwerkssparte unterstellt wird.

Abfindung in Höhe von mehr als 1,7 Millionen Euro

Mitte 2004 hatten Pierer und ein weiterer Siemens-Vorstand dem damals vorzeitig ausgeschiedenen Finanzchef der Kraftwerkssparte, Andreas Kley, nach Erkenntnissen der Justiz eine Abfindung in Höhe von mehr als 1,7 Millionen Euro gewährt.

Das Landgericht Darmstadt verurteilte Kley wegen Schmiergeldzahlungen in Italien vor kurzem zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Pierer schreibt in seinem Brief an den Aufsichtsrat, Kley habe von ihm keinen ,,goldenen Handschlag'' bekommen. Es seien lediglich die Kley zustehenden ,,vertraglichen Ansprüche erfüllt'' worden.

Das Gericht hatte sich bei der Urteilsverkündung irritiert darüber gezeigt, dass Siemens die Millionen-Abfindung nicht zurückgefordert habe, obwohl Kleys Verwicklung in den Korruptionsfall dem Konzern längst bekanntgeworden sei.

Verdacht der Veruntreuung

Das Gericht befand, hier könne eine Veruntreuung von Firmenvermögen vorliegen. Der Frankfurter Oberstaatsanwalt Ulrich Busch erklärte daraufhin, man werde prüfen, ob gegen Pierer und andere Siemens-Vorstände wegen Untreue ermittelt werden müsse.

Busch hatte in Darmstadt die Anklage vertreten. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft will nach eigenen Angaben im Juni entscheiden, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Sie würde das Verfahren dann an die Kollegen in München abgeben, dem Sitz von Siemens.

Nach der Urteilsverkündung in Darmstadt und den dabei erfolgten Hinweisen des Gerichts auf eine mögliche Veruntreuung von Firmenvermögen durch die Konzernspitze war im Aufsichtsrat heftige Kritik an Pierer laut geworden.

Mehrere Aufsichtsräte warfen dem früheren Konzernchef vor, er habe das Kontrollgremium weder über die Millionenabfindung für Kley noch über dessen dem Konzern anschließend bekanntgewordenen Schmiergeldzahlungen in Italien informiert. Pierer habe den Aufsichtsrat hintergangen, lauteten die Vorwürfe. Ein Mitglied des Kontrollgremiums bezeichnete Pierers Verhalten sogar als ,,Sauerei und Lumperei''.

In anonymer Form

In seinem Brief an den Aufsichtsrat schreibt Pierer, er habe sich bei seinem vor wenigen Wochen erfolgten Rücktritt als Vorsitzender dieses Gremiums ,,wirklich nicht vorstellen können, dass sich Kollegen aus dem Aufsichtsrat in anonymer Form in dieser Weise gegenüber der Presse äußern würden''.

Der Aufsichtsrat sei für finanzielle Angelegenheiten, die Spartenvorstände wie Kley beträfen, nicht zuständig. Deshalb werde darüber ,,gemäß den internen Regularien dem Aufsichtsrat grundsätzlich nicht berichtet''.

Pierer schreibt weiter, er wäre den Mitgliedern des Kontrollgremiums sehr verbunden, ,,wenn wir es weiterhin so halten könnten, nicht über die Presse in anonymisierter Form und noch dazu gegen alle Regeln von Anstand und Fairness miteinander zu verkehren''. Das sei ,,der Stil bei Siemens'' gewesen, und das sollte auch in Zukunft so sein.

Pierer: "Noch kein rechtskräftiges Urteil gegen Kley"

In der Sache selbst betonte Pierer, es liege noch kein rechtskräftiges Urteil gegen Kley vor. Kley habe angekündigt, beim Bundesgerichtshof in Revision zu gehen.

Nach Angaben von Siemens hat Kley mitgeteilt, er werde darauf verzichten, eine mögliche Rückforderung der Millionenabfindung wegen Verjährung anzufechten. Das entspricht einer Forderung von Gerhard Cromme.

Der neue Aufsichtsratschef teilte mit, Siemens habe ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Mit dem Gutachten solle geklärt werden, ,,ob die Abfindungszahlung von Mitte 2004 richtig war und was der Konzern heute tun muss''.

© SZ vom 2.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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