Kommentare im Netz:Alles gar nicht wahr

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Eine Untersuchung zeigt, wie Bewertungsportale mit gefälschten Rezensionen umgehen. Nutzer können anhand bestimmter Merkmale besser erkennen, ob Kommentare glaubwürdig sind oder nicht.

Von Felicitas Wilke, München

Gute Bewertungen sind Gold wert für Gastronomen, Hoteliers und Online-Händler, zu viele schlechte können existenzschädigend sein. Deshalb helfen manche Geschäftsleute nach und erkaufen sich positive Bewertungen - bei Agenturen, die darauf spezialisiert sind, oder bei ihren Kunden selbst: Preisnachlass gegen gute Bewertung. Doch gefälschte Erfahrungsberichte führen das Prinzip von Bewertungsplattformen wie Tripadvisor oder Ekomi, eine informierte Entscheidung zu treffen, ad absurdum.

Das Team der "Marktwächter Digitale Welt" der Verbraucherzentrale Bayern hat jetzt untersucht, was die Portale gegen gefälschte Bewertungen tun und ob sie diese wirksam bekämpfen. Dafür befragten die Verbraucherschützer neun Vertreter von verschiedenen Bewertungsplattformen und Online-Shops mit integrierter Bewertungsfunktion zu ihrem Umgang mit verdächtigen Erfahrungsberichten.

Um authentische Antworten wiedergeben zu können, nennen die "Marktwächter" in ihrer Untersuchung keine Namen von Portalen. Trotzdem lässt sich aus den Ergebnissen für Verbraucher herauslesen, was vertrauenswürdige Plattformen ausmacht.

Die Verbraucherschützer kommen zu dem Schluss, dass es drei verschiedene Instrumente gibt, um die Vertrauenswürdigkeit der Erfahrungsberichte auf den Plattformen hochzuhalten. Auffällige Bewertungen sollten demnach durch Algorithmen auf wiederkehrende IP-Adressen oder immer gleiche Textstrukturen geprüft werden, zusätzlich sollten Verbraucher verdächtige Bewertungen melden können und Mitarbeiter der Portale einschreiten, wenn sich Rezensionen tatsächlich als auffällig herausstellen.

Allerdings, das hätten die Gespräche gezeigt, kämpfen die Portale "nicht gleichermaßen stark gegen gefälschte Bewertungen", sagt Susanne Baumer, Teamleiterin der Marktwächter bei der Verbraucherzentrale Bayern. Manche nutzen alle Prüfverfahren, andere halten eher lax nach gefälschten Rezensionen Ausschau und motivieren Verbraucher zum Teil mit materiellen Anreizen dazu, Bewertungen abzugeben. Als Beispiele nennen die Verbraucherschützer die Plattform Golocal, aber auch den Online-Shop von Mediamarkt, bei dem Kunden mit Gutscheinen dazu animiert wurden, Bewertungen abzugeben.

Die Anbieter, die viel Wert auf authentische Bewertung legen, lehnten solche Belohnungen eher ab, sagt Baumer. Sie zeichnen meinungsfreudige Verbraucher öfter mit ideellen Abzeichen oder einem Elitestatus aus. Dahinter steckt auch ein unterschiedliches Geschäftsmodell: Manche Bewertungsplattformen verdienen mit der schieren Masse an Bewertungen Geld, weil sie mit einer hohen Reichweite werben und Provisionen erhalten, wenn Kunden über ihre Seite auf einen Shop klicken. Andere generieren über Dienstleistungen ihre Einnahmen, zum Beispiel, indem sie für den Händler dessen Beschwerdemanagement übernehmen.

Welche Plattform wie Geld verdient, müssen Verbraucher erst einmal herausfinden. Wenn man es den Nutzern leicht macht, dubiose Bewertungen zu melden, spreche das aber für das Portal, sagt Baumer. Die Kunden können darauf achten, ob direkt neben den Kommentaren ein Missbrauch-Meldebutton steht. Ganz vermeiden lassen werden sich falsche Bewertungen wohl nie, dafür sind viele zu gut gemacht. Axel Zawierucha, der die Online-Marketing-Agentur Internetwarriors leitet, rät den Kunden deshalb, bei allzu euphorisch bewerteten Produkten skeptisch zu werden. "100 Prozent Zustimmung gibt es nie", sagt er.

© SZ vom 11.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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