Kurz nach Inkrafttreten der Arbeitsmarktreform steigt die Zahl der Menschen ohne Job voraussichtlich auf den höchsten Stand der Nachkriegszeit.
Jenseits von Debatten über Politikergehälter und bestechliche Schiedsrichter, liefert die Behörde wieder einmal den Beleg, was das größte deutsche Problem ist. Fünf Millionen Menschen in diesem Land können oder wollen nicht arbeiten.
Sie leben deshalb zwar nicht unter unwürdigen, aber unter unbefriedigenden Umständen. Und sie tragen sicher nichts zu der Aufbruchstimmung bei, die Kanzler Gerhard Schröder und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement im Jahr vor der Bundestagswahl gerne zu beschwören suchen.
Erster Schritt in die richtige Richtung
Wer die Zahl aus Nürnberg nun als Beleg nimmt, um Hartz IV zu verteufeln, liegt trotzdem falsch. Die Reform, so unvollkommen sie sein mag, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Der Anstieg der Arbeitslosenzahl im Januar ist schon deshalb kein Gegenbeweis, weil er zum großen Teil auf statistischen Effekten beruht.
Hartz IV hat das Nebeneinander von Sozial- und Arbeitslosenhilfe beendet. Deshalb tauchen in dem Zahlenwerk nun auch erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger auf. Die Statistik ist ein Stück ehrlicher geworden - auch wenn sie immer noch nicht die ganze Dramatik widerspiegelt.
Wichtiger als parteipolitischer Streit darüber, ist aber das, was Hartz IV in den Köpfen verändert. Fast jeder Job ist besser als kein Job, und wer nicht ernsthaft Arbeit sucht, darf nicht auf den Staat als Retter zählen - das ist die Botschaft, die von der Reform ausgeht und die zu wirken begonnen hat.
Vermittler in Arbeitsagenturen und Zeitarbeitsfirmen sowie Personalchefs in Betrieben melden, dass sich mehr Menschen als noch vor einiger Zeit um Beschäftigung bemühen.
Nicht verzagen - weitermachen
Hartz IV allein wird nicht ausreichen, sie alle in Arbeit zu bringen. Dafür schaffen die Firmen zu wenige Jobs. Umso wichtiger ist es, dass die politisch Verantwortlichen die Reform jetzt nicht als abgehakt betrachten.
Statt über die Statistik der Bundesagentur zu streiten, sollten sie die Behörde darin unterstützen, besser und schneller zu vermitteln. Das kann die Arbeitslosenzahl um einige hunderttausend senken.
Zudem sollte Clement nicht davor zurückschrecken, Hartz IV dort nachzubessern, wo es sinnvoll ist. Zum Beispiel müssen die strengen Zuverdienstregeln, die bei der Aufnahme von Minijobs gelten, schnell geändert werden. Der traurige Rekord aus Nürnberg darf nur in einem Sinne verstanden werden: Nicht verzagen - weitermachen.