Kommentar:Mehr Transparenz

Georg Fahrenschons Nachfolger als Sparkassen-Präsident muss kräftig aufräumen gegen heftige Widerstände.

Von Meike Schreiber

Wenn Georg Fahrenschon an diesem Freitag seinen letzten Arbeitstag als Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) hat, wird es keine großen Feierlichkeiten geben. Seit der CSU-Politiker vor zwei Wochen einräumen musste, dass seit Monaten ein Steuerstrafverfahren gegen ihn läuft, herrscht Aufruhr in der Sparkassenfamilie. Dort mögen ihn manche für einen guten Anführer gehalten haben, immerhin hat er sich in Zeiten des Niedrigzinses unverdrossen als oberster Sparerschützer positioniert. Sein Rücktritt aber war unausweichlich. Der Reputationsschaden ist immens.

Wer immer Fahrenschon folgt: Er oder sie (eher er als sie; noch nie hat es eine Frau an die Spitze der deutschen Sparkassenlobby geschafft) hat weit mehr zu tun, als nur die Marke zu polieren, die durch Fahrenschons Tölpelei Kratzer bekommen hat. Das allein ließe sich durch Demut im Auftritt schon irgendwie regeln.

Tatsächlich tritt der nächste DSGV-Präsident sein Amt in einer Phase an, in der für die Sparkassen viel Grundsätzlicheres auf dem Spiel steht: Transparenz und Funktionalität ihres Geschäftsmodells. Was passieren kann, wenn beides nicht stimmt, lässt sich an der Deutschen Bank ablesen. Deren Reputation ist ruiniert, das Geschäftsmodell lädiert.

Die Sparkassen müssen dringend ihr unübersichtliches Gestrüpp an Beteiligungen aufräumen

Da sind zum Beispiel die Gehälter der Sparkassenvorstände. Bis zu 500 000 Euro kassiert der Chef einer mittelgroßen Sparkasse im Jahr und damit doppelt so viel wie die Bundeskanzlerin. Und das, obwohl Sparkassenchefs noch nicht einmal so etwas wie unternehmerisches Risiko tragen. Und den Kunden nur allzu gern die Gebühren für Girokonto und Geldabheben erhöhen, also den Kunden schröpfen, statt selbst Maß zu halten.

Abhängig von ihrer Vertragslaufzeit erhalten die Manager in einigen Bundesländern auch noch ein enormes Ruhegehalt von bis zu 55 Prozent der letzten Bezüge, wenn sie mindestens fünf Jahre Vorstand waren (aber sich dann doch nicht für eine zweite Amtszeit empfohlen haben). Hochbezahlte Spaziergänger gibt es daher einige im deutschen Sparkassenwesen.

Um die hohen Gehälter zu rechtfertigen, verweisen die Sparkassen auf den Kampf um Talente. Dass der so hart ist, darf bezweifelt werden. Schließlich nimmt die Zahl der Geldhäuser seit Jahren ab. Auch die Großbanken befinden sich im Manager-Abbaumodus. In jedem Fall ist es höchste Zeit, dass die Bürger in allen Bundesländern (nicht nur in Nordrhein-Westfalen, Hessen oder Schleswig-Holstein, wo es dazu Gesetze gibt) zumindest nachvollziehen können, wie die mehr als tausend Chefs der 390 Sparkassen bezahlt werden. Schließlich sind die Kommunen - und damit die Bürger - die Träger der Institute. Diese sollten die Daten freiwillig offenlegen und nicht warten, bis sie der Gesetzgeber zwingt.

Auch wenn ein DSGV-Präsident nicht einfach durchregieren kann: Sein Amt verleiht ihm durchaus die herausgehobene Stellung, Akzente zu setzen.

Da ist das Spendenwesen der Sparkassen. Anstatt ihre Gewinne an die Träger, die Kommunen, auszuschütten, spenden die Sparkassen lieber für Gemeinnütziges vor Ort: Kunstprojekte, Sportvereine, einen neuen Dorfbrunnen. Das tut gut und gibt nette Fotos in der Lokalzeitung.

Auf jährlich rund 450 Millionen Euro summieren sich die Zuwendungen, die zugleich Abhängigkeiten schaffen. Denn wohin die Spenden fließen, entscheiden in der Regel Sparkassenvorstand und Bürgermeister im Hinterzimmer. Leitlinien für diese Art Schattenhaushalte gibt es bislang nicht. Detaillierte Informationen über die Spenden nur selten.

Und da ist das unübersichtliche Gestrüpp an Beteiligungen, über die die Sparkassen verfügen. Versicherungen, Bausparkassen und immer noch zu viele Landesbanken: Das Beteiligungsgeflecht gleicht einem Wimmelbild. Wie aufgeräumt erscheinen dagegen die Volks- und Raiffeisenbanken. Fahrenschon hat in seiner siebenjährigen Amtszeit durchaus versucht, daran etwas zu ändern; an dem Umstand, dass jedwede Begradigung Pfründen und Posten kostet, kam er allerdings nicht vorbei. Dabei ließen sich bei kaufmännischer Strenge relativ leicht Milliarden Euro einsparen - jährlich und immer wieder. Geld, das die Sparkassen in Null- oder Negativzinszeiten gebrauchen könnten, jenseits der nötigen Einsparungen bei den Vorstandsgehältern.

Fahrenschons Nachfolger wird es nicht leicht haben, dafür sind die Beharrungskräfte im Verbund und mehr noch in den Regionen zu groß. Aber wer immer dem Oberbayern folgt, er hat unzweifelhaft den sehr ernst gemeinten Auftrag, Deutschlands Sparkassen transparenter und effizienter zu machen. Er (oder sie) muss es aber auch wollen.

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