Kommentar:Geht doch

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Der US-Konzern Facebook beugt sich dem Druck der europäischen Politik und will seine Steuern künftig auch in jenen Länder bezahlen, wo er die höchsten Umsätze macht. Gut so! Aber die EU-Staaten sollten weiterhin wachsam bleiben.

Von Ulrich Schäfer

Facebook hat derzeit nicht nur ein Problem, sondern ganz viele. Das ist die Sammelwut eines Unternehmens, das alles, wirklich alles über seine Nutzer wissen und speichern will; da sind die Hasskommentare, die das soziale Netzwerk trotz mancher Anstrengungen nicht einzudämmen vermag; das sind russischen Trolle, die die amerikanische Präsidentschaftswahl beeinflussten; in den USA sorgen zudem gerade ehemalige Top-Manager für viel Aufsehen, weil sie ihrem einstigen Arbeitgeber vorwerfen, er zerstöre den Zusammenhalt der Gesellschaft.

Ärger also, wohin man blickt. Und dann gibt es noch die Steuern. Genauer gesagt: die nicht gezahlten Steuern.

Der Druck aus Europa wirkt, aber die EU-Staaten sollten weiterhin wachsam bleiben

Denn Facebook zählt zu jenen amerikanischen Internetkonzernen, die es nicht bloß trefflich verstehen, ihre Dienste bis in den vorletzten Winkel der Erde zu tragen - sondern die zugleich auch die Kunst beherrschen, ihre Gewinne sogar in den allerletzten Winkel zu verschieben: an Orte, wo die Steuersätze extrem niedrig sind und sich im Idealfall sogar der Nulllinie annähern. Apple beherrscht diese Kunst, Google, Amazon und viele andere, weshalb die EU-Kommission das Vorgehen der Internetriesen argwöhnisch verfolgt und teils dagegen vorgeht. Auch US-Präsident Donald Trump stört es, dass die amerikanischen Konzerne ihre Gewinne lieber in Briefkastenfirmen bunkern als daheim, weshalb er mit seiner Steuerreform nun Anreize schaffen will, dass Geld in die USA zu verlagern.

Die amerikanischen Internetriesen haben die Möglichkeiten des internationalen Steuerrechts bis zum Maximum ausgereizt. Sie profitieren davon, dass sich in einer digitalen Welt die Dinge leicht von hier nach dort verschieben lassen; vor allem dann, wenn es sich nicht um greifbare Dinge handelt, sondern um virtuelle: um Lizenzen, Patente, Markenrechte, und manchmal auch um Werbeeinnahmen. Facebook etwa hat bislang sämtliche Werbeeinnahmen in Irland verbucht, welches mit seinen extrem niedrigen Firmensteuern und seiner wohlwollenden Steuerverwaltung bekanntermaßen eine der wichtigsten Steueroasen innerhalb der Europäischen Union beherbergt.

Irland ist für global agierende Internetkonzerne und deren Steuerabteilungen besonders attraktiv. Apple zum Beispiel verbuchte einen großen Teil seiner Gewinne dort, und zwar mit dem Segen der Regierung in Dublin; die EU-Kommission wertete das im Nachhinein als Trickserei und verdonnerte das Unternehmern zu einer Steuernachzahlung von 13 Milliarden Euro. Nachdem die irische Regierung sich anfangs geweigert hatte, verkündete sie vor zehn Tagen, dass sie die Steuermilliarden nun eintreiben wolle.

Bei Facebook haben sich die Dinge noch nicht so sehr zugespitzt, eine Nachforderung aus Brüssel - oder eine entsprechende Androhung der EU-Kommission - hat es bislang nicht gegeben. Und doch lenkt der Konzern aus Menlo Park im Herzen des Silicon Valley nun ein und beugt sich dem Druck vor allem aus Europa: dem Druck der Öffentlichkeit ebenso wie jenem der Politik.

Man werde, kündigte das Unternehmen an, einen wichtigen Teil seiner Werbeeinnahmen künftig nicht mehr in Dublin verbuchen, sondern in jenen Ländern, aus denen die Aufträge stammen - in Ländern also, in denen Facebook zwar bislang sehr viel Geschäft gemacht hat und physisch präsent war, mit Büros und Mitarbeitern. Bislang fielen dort aber kaum Gewinnsteuern an, weil die Zahlungen der Werbekunden ins Steuerparadies Irland weitergereicht wurden.

Dass Facebook nun einlenkt, ist gut und richtig. Es zeigt, dass Europa eben doch in der Lage ist, dem Weltmachtsgehabe der amerikanischen Internetindustrie seine eigenen Standards entgegenzusetzen - und eigene Regeln für das Netz zu etablieren. Denn Facebook ändert ja auch deshalb sein Geschäftsmodell, weil in Europa gerade allerlei Varianten einer Steuer für Internetkonzerne diskutiert werden. Eine der Varianten sieht vor, nicht den (oft verschwindend geringen) Gewinn der Konzerne im jeweiligen Land zu versteuern, sondern die Umsätze; und zwar dort, wo sie anfallen und die Kunden sitzen. Dem kommt Facebook nun zuvor.

Dennoch müssen die Finanzbehörden wachsam sein. Denn natürlich haben Unternehmen wie Facebook auch weiter viele Möglichkeiten, Gewinne an nahezu jeden gewünschten Ort der Welt zu verschieben. Auch muss man Facebooks Ankündigung so verstehen, dass nur ein Teil der Gewinne nun in den jeweiligen Ursprungsländern verbucht wird. Die EU-Staaten sollten deshalb bei ihren Anstrengungen, die Internetriesen besser zu besteuern, nicht lockerlassen.

© SZ vom 14.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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