Kommentar:Frankreich muss sparen

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Die Maßgaben des Maastrichter Stabilitätspaktes sind klar und deutlich. Nachdem Frankreich nun schon zum dritten Mal die Kriterien nicht erfüllt hat, sind Sanktionen wohl unausweichlich.

Von Gerhard Bläske

(SZ vom 28.08.203) — Frankreich springt zuerst. Paris muss als Erster zugeben, 2004 zum dritten Mal in Folge die Defizitkriterien des Stabilitätspaktes zu verletzen. Auch die Verschuldung wird schon 2003 auf über 60 Prozent steigen.

Sanktionen gegen Berlin wohl unausweichlich

Damit sind Sanktionen gegen Paris wohl unausweichlich. Zwar wird Frankreich damit als Erster die Prügel einstecken. Doch in Berlin sollte man sich Triumphgeheul verkneifen. Die Deutschen spielen sich gerade gegenüber Franzosen nach außen gern als Stabilitätsverfechter auf, doch die Diskussion um den Pakt war stets verlogen, weil zwischen offiziellem Diskurs und praktischem Handeln eine Riesen-Lücke klafft.

Auch gegen Berlin wird deshalb wohl bald eine Strafe verhängt.

Sicher, anders als Frankreich, hat Deutschland die Lasten der Wiedervereinigung zu tragen. Auch ist man hier zu Lande bei den Reformen des Renten- und Gesundheitssystems schon viel weiter. Dennoch fragen sich die Maastricht-treuen Kleinstaaten der Eurozone zu Recht, wieso die strengen Regeln des Stabilitäts- und Wachstums-Paktes nur für sie gelten sollen und nicht für die Großen, die so gern über ihre Köpfe hinweg und in oft arroganter Weise Entscheidungen treffen.

Wien, Luxemburg und Kopenhagen haben Recht. Alle Mitgliedsstaaten müssen die gleichen Pflichten haben. Es darf deshalb auch nicht der leiseste Eindruck entstehen, Frankreich und Deutschland könnten mit Brüssel irgendwelche Sonderregeln aushandeln. Wenn der Stabilitätspakt vorübergehend gelockert werden sollte - und es gäbe durchaus auch Gründe dafür - dann darf das nur in einem breiten Konsens aller Ländern geschehen: Zeitlich begrenzt und an klare, überprüfbare Zusagen gebunden, strukturelle Reformen bei Gesundheit, Altersversorgung, Marktöffnung und öffentlichem Dienst durchzuführen.

Ohne solche Verpflichtungen und ohne eine breite Übereinstimmung sollte man die Finger von Änderungen lassen.

Frankreich hat noch viel zu leisten

Gerade Frankreich hat noch viel zu leisten. Die Reform des Gesundheitssystem wurde gerade erst verschoben und auch an den öffentlichen Dienst wagt sich die Regierung nicht heran. Stattdessen stopft sie Geld in marode Unternehmen und plant großzügige Hilfen für Krankenhäuser und Senioren.

Das ist gut und wichtig, muss aber durch Ausgabenkürzungen anderswo finanziert werden. Vielleicht würde eine mit den nötigen Instrumenten ausgestattete, echte europäische Wirtschaftspolitik den Laden zum Laufen bringen? Zumindest würde Europa dann auch wirtschaftspolitisch vom zahnlosen Tiger zum Löwen und brächte möglicherweise den Mut zu einer wahren Reformpolitik auf.

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