Kommentar:Fehlende Daseinsberechtigung

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Die Bayern-LB hat ihre Altlasten noch immer nicht abgebaut. Wie sieht eigentlich ihr Geschäftsmodell aus?

Von Andrea Rexer

An Milliardenverluste bei der Bayern-LB hat man sich fast schon gewöhnt. Diesmal sind sie auf den Verkauf der ungarischen Tochter und den Streit mit Österreich um ein Engagement bei der einstigen Tochter Hypo Alpe Adria zurückzuführen. Sechseinhalb Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise hat die Bayern-LB ihre Altlasten noch immer nicht abgebaut. Doch wer mit dem Finger auf das Management zeigt, macht es sich zu leicht. Seit einem Jahr ist Johannes-Jörg Riegler in der Brienner Straße an der Macht. Fast ist man versucht zu sagen, je mehr Verlust er macht, desto besser: denn sie sind auch ein Zeichen dafür, dass er ohne Wenn und Aber aufräumt.

Doch wie schnell und effizient Riegler arbeitet, ändert wenig am Grundproblem der Bank: Was ist ihr Geschäftsmodell? Und noch viel zentraler: Welche Daseinsberechtigung hat eine Bank in Staatseigentum in der heutigen Welt?

Offenbar kann keine Krise groß genug sein, um den Starrsinn der Politik zu brechen

Eine so enge Verbindung zwischen Politik und Hochfinanz wie sie früher herrschte, ist heute undenkbar. Unvorstellbar, dass heutzutage ein deutscher Regierungschef den Vorstand der Deutschen Bank mit dem Auftrag losschickt, für Deutschland einen Schuldenschnitt zu verhandeln, wie es einst Deutsche-Bank-Chef Hermann-Josef Abs in der Nachkriegszeit getan hat. Bei den Landesbanken ist dieser Wandel in unserem Politikverständnis noch viel offensichtlicher. Früher war die Bayern-LB der verlängerte Arm der Landesregierung. Das war für beide Seiten praktisch: Verkürzt dargestellt, sicherte sich die Politik mit einem Anruf die Finanzierung ihr wichtigsten Projekte, die Bank sah ihre Aufgabe darin, der Politik zu dienen und hatte so automatisch Geschäft. Garniert wurde das Modell durch die Staatshaftung und die Verknüpfung mit den Sparkassen im kommunalen Eigentum, die den Landesbanken die Liquidität zur Verfügung stellten.

Heute gilt nichts von dem mehr: Die Verbandelung von Politik und Finanz entspricht weder dem Bild von verantwortungsvoller Politik noch von verantwortungsvollem Wirtschaften. Der Staatshaftung wurde aus Brüssel heraus der Garaus gemacht, die Sparkassen haben überhaupt kein Problem mehr damit, ihr Kundengeld bei anderen Landesbanken außerhalb ihres Bundeslandes anzulegen. Und damit entfällt das logische Geschäftsmodell einer Landesbank. Es ist nur konsequent, dass eine Landesbank wie die West-LB aus dem Markt gedrängt wurde. Interessanterweise geschah das annähernd lautlos, ohne Verwerfungen für den Rest des Bankensystems.

Erstaunlicherweise haben andere Landesbanken überlebt, selbst wenn sie massive Verluste anhäufen wie etwa die Bayern-LB oder die HSH in Hamburg. Offenbar kann keine Krise groß genug sein, um den Starrsinn der Politik zu brechen. Denn trotz der Milliardenverluste setzen sich die Landespolitiker noch immer nicht an einen Tisch, um über Verschmelzung der Landesbanken zu beraten - eine Forderung, die viele Bankenexperten seit Jahren stellen. Immer und immer wieder argumentieren sie, dass zwei oder drei Landesbanken für Deutschland durchaus reichen würden, um als Zentralsparkassen zu fungieren. Und diese Funktion, für die regionalen Institute als Verbindungsorgan zu fungieren, wäre in der Tat ein valides Geschäftsmodell. Doch diesen Weg versperrt die politische Dickköpfigkeit. Keine Landesregierung will "ihren" Bankenstandort schwächen. Wo käme man denn hin, wenn Landesbanken fusionierten und plötzlich der neue Sitz nicht mehr in München wäre, sondern etwa in Stuttgart?

Interessanterweise geben die einzelnen Landesbanken bereits indirekt dem geschäftspolitischen Druck nach und lösen sich vom Regionalprinzip. Sie merken, dass ein Bundesland einfach nicht genug ist, um ihren Apparat zu finanzieren. Also versucht die Bayern-LB mit dem neuen Werbespruch "Die bayerische Bank für den deutschen Mittelstand" ein neues Geschäftsfeld zu erobern. Doch warum sollen die hessischen Unternehmen ausgerechnet auf einen bayerischen Banker warten? Warum nicht gleich "die deutsche Landesbank für den deutschen Mittelstand"?

Nachdem die Politik in und nach der Finanzkrise gezeigt hat, dass sie nicht willens ist, konstruktiv eine überlebensfähige Landesbankenlandschaft zu schaffen, sollte sie nun schnell dafür sorgen, dass die Institute die Frage unter sich klären können. Das geht nur, indem die Banken nach der Bereinigung ihrer Altlasten schnell privatisiert werden. Erst dann sind Fusionen möglich und wird sich zeigen, welches Institut die Rolle der "Landesbank für die deutsche Wirtschaft" tatsächlich erfüllen kann.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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