Kommentar:Die Putzfrauen-Affäre

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Hans Eichel wollte mit dem Gesetz zur Schwarzarbeit Gutes — und bewies nur seine Machtlosigkeit.

Von Ulrich Schäfer

Am Ende legte der Kanzler selber Hand an. Gerhard Schröder formulierte vorige Woche jenes Paragraphenwerk um, das seit Jahresbeginn Millionen von Familien und ebenso viele Putzfrauen, Haushaltshilfen und Babysitter verunsichert hat: das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit.

Die vermeintliche "Kriminalisierung von Millionen Bürgern", die die Opposition befürchtet: ein Fall für den Regierungschef. Höchstpersönlich entschied Schröder, dass alle, die einen Mini-Jobber illegal im Privathaushalt beschäftigen, keine Straftat begehen.

Das Land atmet auf, die verunsicherten Koalitionäre auch. Und der zuständige Minister?

Hans Eichel wollte eigentlich etwas anderes, doch am Mittwoch, als das Kabinett über sein korrigiertes Gesetz entschied, saß er nicht einmal mit am Tisch.

Der Finanzminister tourt, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, gerade durch Südamerika und äußert sich im brasilianischen Dschungel zur chinesischen Wechselkurspolitik und anderen Dingen, die in Berlin derzeit kaum jemanden interessieren.

Vielleicht ist Eichel aber auch ganz froh, in diesen unruhigen Zeiten nicht ein Vorhaben erklären zu müssen, das den Missmut über die Regierung ähnlich befördert hat wie das Maut-Desaster und die Praxisgebühr.

Dass der Regierung ein eigentlich gut gemeintes Gesetz entglitt, hat letztlich drei Gründe, und zumindest zwei davon haben Eichel und sein Ministerialen zu verantworten.

Da waren, erstens, die handwerklichen Mängel: Im ursprünglichen Gesetzentwurf, den das Finanzministerium zur Jahreswende ins Internet stellte, hieß es, dass man nun erstmals auch die Nichtanmeldung von Mini-Jobs verfolgen könne.

Schnell entstand deshalb der Eindruck, die Regierung habe es vor allem auf die Putzfrauen abgesehen und deren private Arbeitgeber, weniger aber auf kriminelle Firmen im Bau-, Gaststätten- oder Spielhallengewerbe. Hinzu kam, zweitens, die miese Kommunikation. Sträflich hatten die rotgrünen PR-Strategen unterschätzt, welche politische Sprengkraft im Schwarzarbeit-Gesetz steckte.

Und so hielten Eichels Meinungsmacher, als die Union zu Unrecht behauptete, die Schwarzarbeit-Fahnder sollten nicht auf Baustellen, sondern vor allem in Privatwohnungen herumschnüffeln, kraftlos dagegen. Abgeordnete der Koalition verstärkten das Kommunikationsdesaster noch, indem sie sich über vermeintliche Mängel des Gesetzes erregten, die so gar nicht darin enthalten waren.

Ein Thema, was sich verselbstständigte

Der dritte Grund schließlich, warum das Projekt Schwarzarbeit zum Bumerang für Eichel und die Koalition wurde, ist in der hysterischen Öffentlichkeit zu suchen. Befeuert durch widersinnige und falsche Aussagen quatschsüchtiger Koalitionsabgeordneter entfachten Zeitungen und Magazine einen wahren Medienwirbel. Was wirklich geplant war, interessierte nicht mehr.

Die Debatte um die "Putzfrauen-Fahndung" verselbstständigte sich. Als Gerhard Schröder sich schließlich des Themas bemächtigte, war wenig zu retten, schon gar nicht für Hans Eichel.

Der Finanzminister, dem der Kanzler immer noch nachträgt, dass er mit seiner unglückseligen Sparliste den Start der Koalition nach der Wahl 2002 vermasselt hat, wurde ein weiteres Mal düpiert.

Eichel musste akzeptieren, dass Schröder - mit Blick auf Umfragen und Schlagzeilen - die Schwarzarbeit im Privathaushalt zum Kavaliersdelikt erklärte, zur Nichtigkeit, die allenfalls als Ordnungswidrigkeit anzusehen ist, obwohl Eichel genau das Gegenteil wollte.

Dass der Buchhalter Eichel im System Schröder keine Macht und keine Bedeutung mehr hat, ist offenkundig. Der Kanzler wird ihn womöglich schon im Frühjahr ersetzen, vielleicht durch Verteidigungsminister Peter Struck, vielleicht auch durch Barbara Hendricks, die in der SPD-Fraktion geschätzte Finanzstaatssekretärin.

Die "Putzfrauen-Affäre" jedenfalls ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Zeit des Hans Eichel wohl bald vorbei ist.

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