Kommentar:Die Pflegeversicherung - ein Auslaufmodell

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Was Gesundheitsökonom Karl Lauterbach zur Rettung der Pflegeversicherung vorschlägt, geht völlig in die falsche Richtung.

Von Marc Beise

Der Gesundheitsökonom Karl Lauterbach ist ein einflussreicher Berater. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hört auf ihn. Nachdem Lauterbach jetzt seine Ideen für eine Reform der Pflegeversicherung vorgelegt hat, muss man mit dem Schlimmsten rechnen.

Was der Experte zur Rettung dieser jüngsten Säule der gesetzlichen Sozialversicherung vorschlägt, geht völlig in die falsche Richtung.

Zu begrüßen ist allein der Zeitpunkt, zu dem Lauterbach tätig wird. Eine Reform eilt. Noch funktioniert die Pflegeversicherung, die CDU-Arbeitsminister Norbert Blüm im Jahr 1995 gegen vielfachen Expertenrat durchgeboxt hat.

Nur Kurzsichtige konnten sich von anfänglichen Überschüssen blenden lassen. In Wirklichkeit war das Umlageverfahren - aktive Arbeitnehmer finanzieren mit ihren Beiträgen die Leistungen an Pflegebedürftige - in einem alternden Land zum Scheitern verurteilt.

Raus aus dem Umlagesystem

Seit 1999 häuft die gesetzliche Pflegeversicherung denn auch Millionendefizite an, die nicht mehr lange durch die Überschüsse kompensiert werden können.

In einigen Jahren sind die Milliarden-Rücklagen verbraucht - und was dann? Lauterbach hat seiner SPD-Ministerin jetzt eine Vorlage gegeben, und sein Rezept ist Sozialismus pur: Nicht nur Arbeitnehmer (wie bisher), sondern auch Beamte und Selbstständige würden in die Zwangsversicherung gepresst, und auch für Miet- und Zinseinnahmen soll ein Pflegebeitrag erhoben werden.

Eine solche "Bürgerversicherung" würde dem Staat locker vier Milliarden Euro im Jahr zusätzlich bringen - damit ließe sich weiterwurschteln.

Noch aber ist Zeit zur Umkehr. Noch können die Politiker parteiübergreifend frühere Irrtümer bekennen und mutig aussteigen. Die Voraussetzungen sind gut.

Die Union muss keine Rücksicht mehr nehmen auf Altvater Blüm, SPD und Grüne kippten ein CDU-Relikt. Bisher erworbene Ansprüche müssten natürlich bedient werden, neue Ansprüche würden nicht mehr entstehen.

Stattdessen müssten alle Bürger verpflichtet werden, eine private Versicherung abzuschließen, mit der sie für ihr eigenes Alter vorsorgen. Mit einer altersgestaffelten Prämie von maximal 50 Euro monatlich könnten normal gesunde Menschen bis 57 Jahre später versorgt werden.

Ältere Versicherte müssten eigenes Vermögen oder Familienhilfe hinzunehmen. Wer das nicht kann, oder etwa als Empfänger von Arbeitslosengeld II Unterstützung braucht, für den würde der Staat sorgen. Über Details wäre noch zu reden, wichtig ist die Richtung: Raus aus dem Umlagesystem - solange es noch geht.

© SZ vom 03.03.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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