Kommentar:Der Risikoklumpen

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Von einer "Super-Bank" ist die Rede. Gemeint ist eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank. Sie würde keines der Probleme lösen, dafür aber neue Schwierigkeiten schaffen.

Von Stephan Radomsky

Schon ist von einer "Super-Bank" die Rede. Und das, obwohl eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank bisher höchstens ein Planspiel ist - aber was für eines. Vereint wären vier traditionsreiche Banken: Deutsche und Commerzbank, sowie mittelbar Post- und Dresdner Bank. Gewonnen wäre damit aber nichts, weder für die Institute noch für die Öffentlichkeit. Von den Problemen der beteiligten Banken wäre keines wirklich gelöst, gemeinsam würden sie aber wohl noch träger und noch gefährlicher für den Steuerzahler.

Was entstünde, wäre ein gigantisches Geldhaus mit einer Bilanzsumme von zuletzt fast 2,2 Billionen Euro. Zum Vergleich: Die gesamte deutsche Wirtschaftsleistung erreichte vergangenes Jahr knapp über drei Billionen Euro. Eine "Deutsche Commerzbank" wäre damit endgültig zu groß, um noch pleitegehen zu können. Sämtliche Mechanismen für eine geregelte Abwicklung würden an einem derart komplexen und vernetzten Gebilde scheitern. Selbst im vergleichsweise winzigen Fall der österreichischen Pleitebank Hypo Alpe Adria schaffen es Regierung und Gläubiger ja schon seit Jahren nicht, die Lasten zu verteilen und Ordnung zu schaffen. Im Ernstfall hieße es also wieder: Der Steuerzahler zahlt.

Dass Banken kollabieren können, erscheint heute wahrscheinlicher denn je. Gerade steckt Italien in einer handfesten Bankenkrise, weil die großen Institute des Landes unter faulen Krediten in Milliardenhöhe ächzen. Käme es in der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone und der neuntgrößten der Welt zu einem Bankenkollaps, der Schritt hin zu einer europäischen und dann globalen Krise wäre nicht weit. Gerade die Deutsche Bank wäre dann besonders gefährdet. Sie ist stark in Italien engagiert. Zugleich leidet sie wie alle anderen Institute unter den extrem niedrigen Zinsen der Europäischen Zentralbank und den gestiegenen Anforderungen durch die Finanzaufseher. Käme noch eine neuerliche europäische Finanz- und Wirtschaftskrise dazu, es würde ungemütlich für die Deutschbanker, mit genauso wie ohne eine Fusion. Nur dass dann alles eben noch komplizierter würde.

Eine Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank würde die Probleme nur verschärfen

Zu dem Klumpenrisiko, das ein fusioniertes Institut bedeutet, kämen noch die Probleme auf dem Weg dorthin. Traditionell sind sich Deutsche Bank und Commerzbank in herzlicher Rivalität verbunden, Feindschaft würden einige sagen. Es wäre schwierig, sie schnell zu vereinen. Genauso wie die IT-Systeme, die für Banken existenziell sind. Die Fusion würde Jahre dauern, in denen Deutsch- und Commerzbanker weiter nebeneinanderher arbeiten. Und sie würde dabei so viel Zeit und Kraft kosten, dass für die Suche nach einer Zukunft für die neue Bank kaum etwas übrig bliebe.

Auch für den Wettbewerb wäre die Riesenfusion schlecht, würde mit ihr doch praktisch der gesamte private Bankensektor in Deutschland auf ein einziges nennenswertes Institut verkürzt. Und das wäre nicht einmal stark und robust aufgestellt - im Gegenteil. Deutsche Bank und Commerzbank leiden am Privatkundengeschäft, wissen aber auch nicht, wie es ohne gehen soll. Nach der Fusion stünden sie den Sparkassen und den Genossenschaftsbanken gegenüber, die zwar keineswegs monolithische Blöcke sind, aber ebenfalls oft träge und wenig kundenorientiert agieren. Dieses Banken-Oligopol wäre gefährlich, auch für die Institute selbst, weil es sie dazu verführte, die überfällige Modernisierung des Geschäftsmodells weiter aufzuschieben. Die Probleme aber würden dadurch nur größer als je zuvor - so wie die vermeintliche "Super-Bank" selbst.

© SZ vom 03.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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