Kommentar:Das Vertrauen kehrt zurück

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Portugal hat wie Spanien dank eines harten Sanierungsprogramms die Rezession überwinden können.

Von Thomas Urban

Noch genauer als sonst schaut man in diesen Tagen aus Lissabon in das benachbarte Spanien: Es geht um die Frage, ob die spanischen Wähler ihre Regierung für deren Sparkurs abgestraft haben. In beiden Ländern war vor sechs Jahren die Wirtschaft abgestürzt. Sowohl in Lissabon, als auch in Madrid wurden 2011 die damals regierenden Sozialisten bei den Parlamentswahlen durch die Konservativen abgelöst. An diesem Sonntag waren die Kommunal- und Regionalwahlen in Spanien ein wichtiger Stimmungstest für die kommenden nationalen Wahlen im Herbst. Auch die Portugiesen haben dann über ein neues Parlament zu befinden.

Geht es um Wirtschaftsthemen, liegen die Konservativen deutlich vorn - trotz des Sparkurses

Beide Regierungen auf der Iberischen Halbinsel haben dank eines harten Sanierungsprogramms die Rezession überwinden können. Die Mitte-Rechts-Koalition in Lissabon kann nun verbuchen, dass die spanischen Wähler dem Sparkurs keineswegs eindeutig die Rote Karte gezeigt haben. Vielmehr sind die Konservativen die stärkste Partei geblieben, wenn auch mit herben Verlusten. Doch die Gegner der Austerität sind landesweit beträchtlich von einer Mehrheit entfernt. Auch zeigen die ersten Wahlanalysen für Spanien, dass nicht der Sparkurs der Hauptgrund vieler Wähler war, die Regierenden abzustrafen, sondern die zahlreichen Korruptionsaffären. Die berechtigte Empörung darüber wird abnehmen, wenn die ersten Verantwortlichen von der Justiz hinter Gitter geschickt werden.

Beide Länder haben gemeinsam, dass die Konservativen bei Umfragen nach der Wirtschaftskompetenz deutlich vor allen anderen Parteien liegen. Auch verschließt sich die überwältigende Mehrheit nicht der Erkenntnis, dass die Krise hausgemacht ist: durch Immobilienspekulation und gigantische öffentliche Infrastrukturprojekte. Eine schmerzhafte Selbstkritik, mit der sich die beiden iberischen Nationen erheblich von den Griechen und auch den Italienern unterscheiden. Das Besondere an Portugal war die hohe Verschuldung auch der Privathaushalte, in Spanien hat sich die epidemische Korruption als tiefere Ursache der Krise herausgestellt.

Die portugiesischen Regierungsparteien blieben bisher von großen Korruptionsaffären verschont, in der Affäre um die Pleitebank-Gruppe Espírito Santo konnte sich Premierminister Pedro Passos Coelho sogar als Saubermann profilieren. Hinzu kommt, dass das Etikett der Korruptionspartei der größten Oppositionsgruppe anhaftet: Der frühere sozialistische Premier José Socrates sitzt wegen Geldwäsche, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung seit einem halben Jahr ein.

Von Anfang an hat sich Coelho wenig von Protesten gegen seinen Kurs beirren lassen, zu dessen Kernstücken neben der Aufweichung der Arbeitsplatzgarantien die Kürzung der Sozialausgaben und der massive Stellenabbau im öffentlichen Dienst gehört. Dagegen gab es anfangs Massendemonstrationen. Doch ist die Kalkulation aufgegangen, dass die Mehrheit der Bevölkerung durchaus mit der Abspeckung des öffentlichen Dienstes einverstanden ist, schließlich gab es hier zuletzt eine Million Kräfte bei einer Bevölkerung von zehn Millionen, prozentual fast doppelt so viel wie in der Bundesrepublik. Das Rückgrat der portugiesischen Volkswirtschaft besteht indes aus kleinen Betrieben, deren Inhaber schon lange über zu hohe Steuerbelastungen klagen und den Kurs der Austerität begrüßen.

Auch kann Coelho mit den Ergebnissen punkten: Die Arbeitslosigkeit ist auf 13 Prozent gesunken, das Haushaltsdefizit erreicht bald wieder die Maastricht-Grenze von drei Prozent, für Ende2015 wird ein Wachstum von zwei Prozent erwartet. Vor einem Jahr konnte das Land den Rettungsschirm des Weltwährungsfonds, der EU und der Europäischen Zentralbank verlassen. Ein Teil der Kredite mit einem Gesamtvolumen von 78 Milliarden Euro wurde bereits zurückgezahlt, und zwar vor der vereinbarten Frist.

Das Vertrauen der internationalen Finanzwelt in Portugal ist so sehr gestiegen, dass erstmals in der vergangenen Woche für kurzfristige Staatspapiere über drei Monate ein negativer Zins berechnet wurde: Die Käufer, nicht der Staat, nehmen Abschläge von 0,002 Prozent hin. Dies ist eine geradezu sensationelle Wende, noch vor drei Jahren musste die Regierung teilweise zweistellige Zinssätze garantieren.

Lissabon hat es also im Gegensatz zu Athen geschafft, den Ausweg aus der Krise zu finden. Portugal ist somit in den Augen der Verfechter der Austerität ein Paradebeispiel dafür geworden, dass nur auf diesem Weg die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen ist. Damit setzt Portugal starke Akzente in der internationalen Debatte um die "richtige" Wirtschaftspolitik.

© SZ vom 26.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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