Kommentar:Auferstanden

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Lange gab es für die Deutsche Telekom von den Aktionären heftige Kritik . Doch jetzt ist alles anders: Die Aktie steigt deutlich an. Das ist das Ergebnis harter Arbeit.

Von Varinia Bernau

Die T-Aktie ist nicht irgendeine Aktie. Sie ist ein Symbol, früher einmal für die Euphorie der ersten Volksaktie, heute für die Skepsis der Deutschen, ihr Vermögen in Wertpapieren anzulegen. 1996 ging die Deutsche Telekom, der einstige Staatskonzern, an die Börse. Tatort-Kommissar Manfred Krug besang die Aktie. In der New-Economy-Euphorie erreichte sie ihren Höchststand: 103,5 Euro. Viele Deutsche kauften damals das erste Mal in ihrem Leben Aktien - und viele wohl auch zum letzten Mal.

Denn kurz darauf platzte die Blase. Dem Rausch folgte der Kater. Auch die T-Aktie stürzte ab, der Kurs klebte über Jahre am Boden, die Aktionäre waren verzweifelt. Es ist noch nicht lange her, da sagte Tim Höttges, damals im Vorstand für Finanzen verantwortlich, inzwischen Konzernchef, bei der Hauptversammlung, dass die Aktie nie wieder so wertvoll sein wird wie um die Jahrtausendwende.

Beständigkeit zahlt sich aus - die heutigen Erfolge sind auch das Ergebnis harter Arbeit

Drei Jahre später ist Höttges nicht mehr der Buh-Mann, sonst selbst für angriffslustige Aktionäre ein Held: Im vergangenen Jahr hat die T-Aktie deutlich besser abgeschnitten als viele andere Papiere im Dax. Seit Beginn dieses Jahres gab es ein weiteres Plus von 28 Prozent.

Wie kann das sein?

Höttges hat einiges richtig gemacht. Und zwar nicht erst, seit er Vorstandsvorsitzender ist. Die heutigen Erfolge sind auch das Ergebnis der harten Arbeit, die er als Finanzvorstand an der Seite seines Vorgängers René Obermann und in enger Abstimmung mit ihm bereits geleistet hat. Beständigkeit zahlt sich aus.

Die Telekom hat viel Geld in ihre Netze gesteckt. Das war zwar teuer, hat sich aber gelohnt: Weil unabhängige Tests dem Anbieter eine hohe Qualität bescheinigen - und weil Menschen in Zeiten, in denen sie immer mehr Dinge mit ihrem Smartphone erledigen, bereit sind, etwas mehr dafür zu zahlen, dass sie dies an jedem Ort und zu jeder Zeit tun können.

Was passiert, wenn man die Aufrüstung der Netze vernachlässigt, zeigt die desolate Lage des Konkurrenten Vodafone: Weil Gespräche im dortigen Netz immer wieder abbrachen und das Youtube-Video ruckelte, haben vor allem viele Privatleute dem Anbieter den Rücken gekehrt. Zwar hat Vodafone nachgebessert, aber es dauert eben eine Weile, bis ein verärgerter Kunde seine Meinung wieder ändert. Gerade im Mobilfunk, wo der Wechsel zu einem neuen Anbieter leicht fällt und viele Tarife zur Auswahl stehen, ist ein schlechter Ruf fatal.

Die Telekom hat zudem einen wichtigen Trend weitaus früher erkannt als Vodafone: So wichtig es für viele Menschen geworden ist, unterwegs nicht nur zu telefonieren, sondern auch zu surfen und dabei enorm große Datenpakte hin und her zu schicken - das Festnetz ist wichtiger als je zuvor. Die Kabel ermöglichen nämlich eine schnellere und stabilere Übertragung von Daten, nicht zuletzt um den Stau am Funkmast zügig abfließen zu lassen. Deshalb wird sich ein Anbieter, der über Mobilfunk- wie Festnetz verfügt, in Zeiten eines stetig steigenden Datenverkehrs besser schlagen.

Gewiss, als einstiger Staatskonzern hatte die Telekom einen enormen Vorteil. Sie hatte hierzulande bereits das Netz, das Vodafone erst für viele Milliarden kaufen musste. Aber Vodafone hat auch deshalb so viel für Kabel Deutschland gezahlt, weil die Briten zu lange gewartet haben. Ein paar Jahre zuvor noch wäre der Kabelnetzbetreiber viel billiger zu haben gewesen. Doch damals glaubte man bei Vodafone noch, Festnetz sei eine Sache von gestern. Dass über die Frage, wie schnell sich Investitionen auszahlen müssen, ein so heftiger Streit zwischen der Konzernzentrale in London und der deutschen Tochter entbrannt ist, dass der Landeschef Jens Schulte-Bockum am Ende hingeworfen hat, macht die Sache nicht besser.

Gerade in schwierigen Zeiten braucht es einen klugen Kopf an der Spitze - und eine Mannschaft, die engagiert und vertrauensvoll hinter der Führung steht. Die Telekom hat beides: So ist es Höttges gelungen, aus einer ewigen Baustelle, nämlich dem US-Geschäft, fast schon einePerle zu machen. Das Team jenseits des Atlantiks hat mit einer Reihe spektakulärer Angebote allein im vergangenen Jahr acht Millionen neue Kunden gewonnen - so viel wie nie zuvor in der Unternehmensgeschichte.

Zufrieden zurücklehnen kann sich Höttges aber nicht. In Europa muss die Telekom tagtäglich daran arbeiten, den hohen Standard zu halten. In den USA muss der Konzern nun aus den steigenden Kundenzahlen und den guten Erlösen Gewinne machen. So sehr sich Höttges über den Aufwärtstrend freuen kann. Es wäre gefährlich, in Selbstzufriedenheit oder gar in Trägheit zu verfallen.

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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