Kommentar:Auf der richtigen Spur

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(Foto: N/A)

Das neue Gesetz entlässt den Menschen nicht aus der Pflicht. In schwierigem Gelände muss er vom Roboter das Steuer übernehmen.

Von Max Hägler

Ein Autofahrer rast mit seinem Tesla in einen Anhänger und stirbt. Der Autopilot war eingeschaltet. Wer ist nun schuld an dem Unfall, einem der ersten eines roboterisierten Wagens weltweit? Die Behörden in den USA kamen bei diesem viel beachteten Fall zu dem Urteil: der Fahrer selbst. Er hätte sich nicht auf den digitalen Helfer verlassen dürfen. Aber wann darf man Assistenzsysteme einschalten, die in immer mehr teuren Autos verbaut werden und die immer mehr können?

Die Frage lässt sich in Deutschland künftig einfacher beantworten. Der Bundestag hat in dieser Woche mit den Stimmen der Großen Koalition ein Gesetz zum autonomen Fahren verabschiedet. So denn der Bundesrat zustimmt, wird es eines der ersten weltweit sein, das versucht, das Autopilot-Fahren zu regeln. Das ist gut, auch wenn es viel berechtigte Kritik gab auf dem Weg.

Es war deutlich, dass die deutsche Autoindustrie die neuen Normen einforderten, um dann für viel Geld Assistenzsysteme zu verkaufen, unterstützt von Alexander Dobrindt, der gerne als schnellster Verkehrsminister der Welt in die Geschichte eingehen will. Industriepolitik und Eitelkeit sind keine idealen Leitmotive bei sicherheitsrelevanten Fragen.

Dennoch ist die jetzt verabschiedete Gesetzesfassung ein Schritt in die richtige Richtung, zumal die Anwendbarkeit in drei Jahren auf den Prüfstand kommen wird. Denn Computer werden die Sicherheit auf den Straßen erhöhen. Und den Stress aus vielen Fahrten nehmen, das Leben also angenehmer machen. Wobei es derzeit noch nicht darum geht, dass Autos völlig alleine und lenkradlos fahren, das wird noch dauern. Hierin liegt eine Schwierigkeit: Wie sehr darf sich der Mensch auf die Maschine verlassen? Die Politik hat zu diesem wesentlichen Punkt am Ende wesentliche Forderungen der Verbraucherschützer eingearbeitet, hektisch, aber immerhin.

Das neue Gesetz entlässt den Menschen nicht aus der Pflicht

Die Roboterhelfer müssen nun mit "ausreichender Zeitreserve" ankündigen, dass der Mensch wieder übernehmen muss. Normalerweise kann er sich vom Verkehr abwenden, muss aber wahrnehmungsbereit bleiben - also Warnanzeigen und die Straße einigermaßen im Blick behalten. Das heißt wohl: Mal aufs Handy schauen ist in Ordnung, die Zeitung durchblättern, noch dazu mit aufgesetzten Kopfhörern, eher nicht. Es wird auch festgelegt, dass der Computer deutlich seine Grenzen aufzeigen muss: Auf der Landstraße oder in der Stadt, in komplizierten Umgebungen, muss er sagen: Mensch, Du bist jetzt dran! Der Mensch ist der Kapitän, der Computer mitunter der Steuermann, so ist das Verständnis.

Hitzig diskutiert wird weiterhin die absurd lange, mehrmonatige Datenspeicherung, die Autonutzer zu "gläsernen Fahrern" macht. Und die Haftung. Die nun beschlossene Regelung entlässt den Menschen nie aus der Pflicht. Die Kette geht so: Es zahlt immer erst die Haftpflichtversicherung, die sich dann ihrerseits an die Versicherung des Herstellers wenden muss. Das ist kompliziert, andererseits hat es zwei große Vorteile: Der Geschädigte hat immer einen Adressaten, der ihm seinen Kotflügel zahlt oder was auch immer kaputt gefahren wurde. Zudem kann man davon ausgehen, dass die Versicherer genau wahrnehmen, falls sich bestimmte Unfallmuster häufen, dass sie intensiv in die Blackboxen schauen, die allerlei Parameter speichern - vor allem natürlich, wann Mensch und wann Maschine steuerte. Wobei es so schlecht nicht sein dürfte, wenn der Computer dominiert. Der fährt nicht ohne zu blinken mit 40 Kilometer pro Stunde auf die Autobahn. Hält den richtigen Abstand, statt zu drängeln. Und verreißt nicht das Steuer.

© SZ vom 01.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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