Kommentar:Absturz der eitlen Himmelsstürmer

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Der Streit um Führungsposten wirft das Luftfahrt-Unternehmen EADS wieder hinter Boeing zurück.

Von Sibylle Haas

Es handelt sich um keine Würstchenbude, sondern um ein Unternehmen mit mehr als 100.000 Mitarbeitern in mehr als 40 Ländern. Die Eigner des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS und des Flugzeugbauers Airbus scheinen dies aber zu ignorieren, sonst hätte sich nicht ein Machtkampf entwickeln können, der nun zur Gefahr für das Unternehmen wird.

Airbus-Chef Noël Forgeard während des Luftfahrt-Salons in Paris. (Foto: Foto: dpa)

Jetzt musste sogar die Pressekonferenz auf der größten Luftfahrtschau des Jahres in Le Bourget abgesagt werden - weil es niemanden gibt, der für das Unternehmen als Chef auftreten kann.

Die alten Bosse sind nicht mehr da und die neuen noch nicht im Amt. Der Grund: Die Großaktionäre DaimlerChrysler, der französische Staat und der französische Mischkonzern Lagardère blockieren sich bei der Besetzung wichtiger Führungsposten.

Macht und Einfluss

Es geht um Macht und Einfluss und vor allem darum, dass keine Seite zu viel davon bekommt. Immerhin gilt das deutsch-französische Gleichgewicht im Konzern als unumstößliches Heiligtum. Das Ganze wäre weniger schlimm, stünden die Namen der künftigen Chefs nicht schon lange fest. Für sie ist der Machtkampf der EADS-Eigner ein Desaster, denn sie können an Autorität verlieren, noch bevor sie richtig im Amt sind.

Längst schon sollten Thomas Enders und Noël Forgeard den Chefposten bei der EADS bezogen haben, längst auch sollte Gustav Humbert zum obersten Lenker bei Airbus berufen sein.

Die Sache schien beschlossen, da bestanden die Franzosen auf einer neuen Führungsebene, die ihren Einfluss stärken soll. Ganz offensichtlich sind ihnen ein Deutscher als Co-Chef der EADS und ein Deutscher als Chef der wichtigsten Konzerntochter Airbus zuviel.

Ansprüche abgeschmettert

Großaktionär DaimlerChrysler schmettert die Ansprüche bisher ab - und so geht es schon seit Wochen. Die Deutschen sind ganz offenbar auch genervt vom Treiben des bisherigen Airbus-Chefs Forgeard.

Dieser hat sich nicht nur an die EADS-Spitze aufgeschwungen, sondern wollte den Konzern zeitweise sogar alleine führen. Dass er dabei seine Vorgänger aus dem Amt gedrängt hat, ist fast schon vergessen.

Der Manager gründet seinen Machtanspruch auf gute Kontakte zu Frankreichs Staatschef Jacques Chirac. Unbestritten ist aber auch, dass er Airbus an die Weltspitze führte. Das hat ihn gestärkt. Fraglich ist nur, wie lange sich die französischen EADS-Eigner derlei Kapriolen noch leisten können.

Bislang gute Zusammenarbeit

Die EADS galt lange als Musterbeispiel der Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg. Der Konzern ist vor fünf Jahren aus Luft- und Raumfahrtfirmen Frankreichs, Deutschlands und Spaniens gegründet worden. An der Konzerntochter Airbus sind außerdem die Briten beteiligt. Ein echt europäischer Konzern also. Ziel war es, Technologieführer zu werden und den Weltmarktführer Boeing vom Sockel zu reißen.

Dem Flugzeugbauer Airbus ist das gelungen. Die Europäer haben den Amerikanern Marktanteile weggeschnappt und unlängst das größte Flugzeug der Welt zum Fliegen gebracht.

Doch das Image trägt nun Schrammen. Der Großraumflieger Airbus A380 wird später als geplant auf den Markt kommen, weil sich Tests verzögern. Die betroffenen Fluggesellschaften drohen schon mit Vertragsstrafen. Verzögern wird sich auch der Programmstart für das mittelgroße Langstrecken-Flugzeug A350. Das alles wirft Airbus zurück.

Handelskrieg

Der Handelskrieg zwischen den USA und der Europäischen Union um Flugzeug-Subventionen könnte Airbus zusätzlich schwächen. Denn das Verfahren vor der Welthandels-Organisation kann Jahre dauern - damit wäre auch der europäische Einstieg ins lukrative US-Militärgeschäft vorerst blockiert.

Der EADS-Konzern hat eine Menge Probleme, die nur eine starke Führung lösen kann. Die Großaktionäre sollten jetzt endlich entscheiden, damit die Schwierigkeiten nicht noch größer werden.

© SZ vom 15.06.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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