Klage gegen Airbus:Staatsaffäre um den "Eurofighter"

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Der Eurofighter bei einer Flugschau in Paris. (Foto: Francois Mori/AP)

Österreich fordert bis zu 1,1 Milliarden Euro von Airbus. Die Firma soll das Land beim Kauf des Jets getäuscht haben.

Von Cathrin Kahlweit und Klaus Ott, München/Wien

Vor zwölf Jahren, Anfang Februar 2005, verbrachte der heutige Airbus-Chef Thomas Enders einen besonders angenehmen Abend in Wien. Der Luftfahrt- und Rüstungsmanager traf sich im Hotel Sacher und beim Opernball mit dem damaligen Kanzler Wolfgang Schüssel, mit Militärangehörigen und Industriellen. Es galt, noch einige Details des bereits vereinbarten Verkaufs von Eurofighter-Kampfflugzeugen zum Preis von knapp zwei Milliarden Euro an die Republik Österreich zu klären. "Alles in allem war dieser Abend ein sehr gelungener", notiert anschließend ein PR-Berater, der sich um das Milliardengeschäft kümmerte. "Herr Enders hat sich sehr wohlgefühlt."

Beim nächsten Opernball am kommenden Donnerstag wäre das bestimmt anders. Die Republik Österreich verklagt zwei Airbus-Firmen und will bis zu 1,1 Milliarden Euro Schadenersatz haben, weil man bei dem Eurofighter-Geschäft getäuscht und betrogen worden sei. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil präsentierte jetzt in Wien das Ergebnis einer mehrjährigen Untersuchung, das für Airbus verheerend ausfällt. Der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern, der beim Verkauf der Kampfjets noch unter EADS firmierte, habe 183,4 Millionen Euro zu viel berechnet. Die vielen Millionen Euro seien für kriminelle Geschäfte rund um den Eurofighter benutzt worden. SPÖ-Mann Doskozil sprach sogar von "Schmiergeld". Weitere Schäden kämen hinzu. Die Wartungsarbeiten an den Jets seien teurer als ursprünglich angenommen.

Airbus entgegnet, die Vorwürfe wirkten konstruiert

Airbus entgegnet, die Anschuldigungen aus Österreich wirkten "konstruiert". Man sei überrascht; man höre das zum ersten Mal; man sei von der Regierung in Wien nicht dazu befragt worden; und man weise das in "aller Deutlichkeit" zurück. Hört sich nach einem schweren Zerwürfnis an.

Die Vorwürfe aus Wien richten sich nicht gegen Enders persönlich. Der ehemalige Fallschirmjäger war bereits Spitzenmanager beim Airbus-Vorläufer EADS und hatte insofern auch mit dem Eurofighter zu tun. Enders gehört aber nicht zu den zahlreichen Beschuldigten bei zwei schon seit Jahren anhängigen Strafverfahren. Staatsanwälte in München und Wien gehen dem Verdacht nach, bei dem Kampfflieger-Deal sei Schmiergeld geflossen. Tatsächlich versickerten über Briefkastenfirmen viele Millionen Euro in dunklen Kanälen. Da die Empfänger des vielen Geldes bis heute unbekannt geblieben sind, lässt sich Korruption indes wohl nur schwer beweisen.

Die bereits laufenden Ermittlungen werden nun angereichert um Klagen und Strafanzeigen des österreichischen Verteidigungsministeriums gegen die Eurofighter Jagdflugzeuge GmbH und eine weitere Airbus-Firma. Eine Schlüsselrolle spielen sogenannte Gegengeschäfte. EADS hatte sich bei Abschluss des Kaufvertrags über knapp zwei Milliarden Euro im Jahr 2003 dazu verpflichtet, der österreichischen Industrie Aufträge aller Art aus der ganzen Welt über vier Milliarden Euro zu besorgen. Solche Gegengeschäfte haben sich bei diversen Rüstungsdeals als fragwürdig erwiesen und dienen offenbar dazu, Korruption zu verschleiern.

Wien droht sogar, die als besonders hart bekannte US-Justiz einzuschalten

Hier seien von Airbus auch jene 183,4 Millionen Euro abgezweigt worden, so Verteidigungsminister Doskozil, die Österreich nun mindestens zurück haben will. Doskozil kündigte Leitlinien für den Umgang mit solchen Geschäften an, um künftig Auswüchse und Missstände zu verhindern. Und er fügte bei seinem Auftritt in Wien hinzu, Österreich habe sich 2003 nur deshalb für die Eurofighter entschieden, weil man vorsätzlich hereingelegt worden sei. Der schwedische Konkurrent Saab hatte mit dem Kampfflieger Gripen damals das Nachsehen. Hätte sich EADS "rechtskonform" verhalten, dann wäre der Gripen gekauft worden. So steht es in dem Untersuchungsbericht, den Verteidigungsminister Doskozil vorlegte.

Österreich droht Airbus sogar mit Strafanzeigen in Großbritannien und den USA, weil auch dortige Vorschriften verletzt worden sein könnten. Die dubiosen Zahlungen von EADS im Zusammenhang mit dem Eurofighter waren über die halbe Welt hinweg abgewickelt worden; von England über Hongkong und Singapur bis zu den Bahamas und der Karibik. Sollten Gelder auch über US-Konten geflossen sein, dann könnte sich die dortige Justiz für zuständig erklären. Ermittlungen in den USA werden von Konzernen besonders gefürchtet, weil Strafen dort meist sehr hoch ausfallen. Wie Doskozil den Gesamtschaden vorrechnet, mutet wie eine ziemlich kühne Konstruktion an. Zu Vergleichsgesprächen, das deutete der Minister an, sei Österreich eventuell bereit. Airbus kontert, man halte die Aktion aus Wien für ein "politisches Manöver".

Es ergäbe eigentlich viel Gesprächsstoff für eine Begegnung beim Opernball.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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