Kanadische Ansage:Jagdsaison

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Besucher am Standort Siegfried-Giesen des Bergbauunternehmens Kali und Salz. (Foto: Ole Spata/dpa)

Der Kali-Produzent Potash würde gerne K+S übernehmen. Die Deutschen halten sich bedeckt.

Von Karl-Heinz Büschemann, München

Der Aktienkurs machte einen gewaltigen Sprung. Am Donnerstag kostete die Aktie des Kasseler Düngemittelherstellers K+S noch 29 Euro. Am Freitag zum Börsenschluss lag sie mit 37,65 Prozent fast 30 Prozent über dem Schlusskurs vom Vortag. Der Grund für den Anstieg kam aus Kanada. Der Kali-Konzern Potash aus der Provinz Saskatchewan hatte mitgeteilt, er wolle den deutschen Konkurrenten übernehmen. Noch äußern die Kanadier, drittgrößter Kali-Produzent der Welt, ihr Interesse in moderatem Ton. Man verstehe den Vorschlag als "freundlich", teilten sie mit.

Sie könnten aber auch aggressiv werden, ließen sie wissen. Der kanadische Konzern, der im Moment die Nummer drei der Weltrangliste ist, will gemeinsam mit den Deutschen zur Nummer eins im Weltkaligeschäft werden, und die Reaktion aus Kassel ließ nicht lange auf sich warten. Sie war kurz. K+S prüfe das Angebot: "Der Ausgang der Prüfung ist offen." Das ist weder eine empörte Absage, noch eine begeisterte Zustimmung. Fachleute erwarten aber, dass die Deutschen erst einmal ablehnen werden. Aus dem Unternehmen ist zu hören, dass es nicht nur beim Preis noch einiges zu verhandeln gäbe. Die Deutschen wollen auch Zusagen für die Sicherheit der K+S-Arbeitsplätze, bevor sie bei den Kanadiern unterschlüpfen. Es sieht so aus, als stünde der Weltmarkt für den Rohstoff Kali, der als Düngemittel für die globale Ernährung eine zentrale Rolle spielt, mal wieder vor einer gravierenden Veränderung.

K + S, das lange unter dem vollen Namen Kali und Salz firmierte, ist eines der unscheinbarsten deutschen Unternehmen. Wer Kali und Streusalz aus dem Boden holt, kann kaum große Beachtung beim breiten Publikum rechnen. Aber auf dem von nur einem halben Dutzend Firmen beherrschten Kali-Weltmarkt stehen die Deutschen mit einem Marktanteil von acht bis neun Prozent an fünfter Stelle. Das Unternehmen machte im vergangenen Jahr 3,8 Milliarden Umsatz ist solide finanziert und sehr profitabel. Eine Zeitlang war die ehemalige Tochter des Chemiekonzerns BASF sogar ein echter Börsenhit. Zwischen 2006 und Mitte 2008 hatte das bescheiden auftretende Unternehmen mit seinen Bergwerken in Hessen oder Thüringen seinen Aktienkurs verachtfacht.

Der deutsche Konzern gehört vielen, fast 90 Prozent der Aktien befinden sich in Streubesitz

Doch die globale Finanzkrise und die darauffolgende weltweite Konjunkturschwäche machte dem globalen Hunger nach Rohstoffen ein Ende. Der Weltmarkt für Kali begann mal wieder unter Überkapazitäten und Preisdruck zu leiden. Die Preise hatten sich erst gerade wieder erholt, als vor zwei Jahren die beiden größten Kali-Lieferanten der Welt den Markt schon wieder durcheinanderbrachten. Uralkali aus Russland und Belaruskali aus Weißrussland, die Nummern eins und zwei auf dem Weltmarkt, lösten ihre langjährige Freundschaft auf und agierten nicht mehr gemeinsam auf den Markt. Die Folge war, dass die Weltmarktpreise drastisch verfielen.

Der jetzige Versuch von Potash, K+S in die Finger zu bekommen, ist auch ein Versuch, die Zahl der Anbieter zu verkleinern und damit den Markt wieder besser unter Kontrolle zu bekommen. Aber nicht nur eine Konsolidierung macht die Deutschen für die Kanadier interessant. Die haben kaum Zugang zum europäischen Markt und würden hier gerne besser zum Zuge kommen. Zudem mussten sie zusehen, wie K+S vor der eigenen Haustür in Kanada in ein neues Kali-Vorkommen investierte, das eine jährliche Produktion von zwei Millionen Tonnen Kali ermöglicht und die Überkapazitäten wieder wachsen ließ. Fachleute erwarten, dass die Kanadier selbst an dem Vorkommen interessiert sind. Sie könnten einige K+S-Bergwerke in Deutschland, die nur mit hohen Kosten betrieben werden können, schließen.

K+S ist ein vergleichsweise einfaches Übernahmeziel für einen aggressiven Interessenten. Der Aktienkurs ist relativ günstig, das Unternehmen befindet sich zu 88 Prozent in Streubesitz und hat keinen starken Aktionär, der die Übernahme allein verhindern könnte. Nach Schätzungen aus dem Unternehmen liegen rund 40 Prozent der K+S Aktien im Besitz von amerikanischen Finanzgesellschaften. Wenn solche Gesellschaften ein Angebot bekommen, dass einen Ausstieg mit gutem Gewinn erlaubt, ist ihre Bereitschaft zum Verkauf in der Regel groß.

Der Übernahmeversuch von Potash wird von manchem Branchenkenner auch als Versuch gewertet, sich selbst gegen eine Übernahme zu schützen. Potash war 2010 schon einmal das Ziel eines Übernahmeplans. Damals war der britisch-australische Konzern BHP Billiton an dem Unternehmen aus Sakatchevan interessiert. Die kanadische Regierung legte damals aber ihr Veto ein. Aus nationalem Interesse, wie es damals hieß.

© SZ vom 27.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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