Kampf gegen Abzocke:Der Mann mit dem Sheriffstern

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"Stop! Preistreiber" - Tom Proch betreibt bei der Werbeagentur Wunderknaben die Teuerfahnder. Sie kämpfen mit Aufklebern und im Internet gegen exzessive Preiserhöhungen.

Gerhard Hennemann

Tom Proch ("nur meine Mutter nennt mich Thomas") ist ein Wunderknabe. Zumindest ist er Mitglied einer in Erkrath bei Düsseldorf ansässigen Werbeagentur, die unter diesem Namen ihre Kreativität anbietet.

Bei den fünfzehn Mitarbeitern, die in einer spartanisch möblierten Fabrikhalle ihre Ideen ausbrüten, ist der 46-jährige Proch bisher Partner. Demnächst könnte er sogar zum Gesellschafter aufsteigen, denn Proch war es, der den Wunderknaben vor etwa einem Jahr als Gründer der Teuerfahnder zu bundesweiter Publizität verholfen hat.

Die Wortschöpfung lehnt sich natürlich nicht zufällig an die Berufsbezeichnung unbeliebter Staatsdiener an. Proch spielt mit dem negativen Image. "Um die Konsumenten ein bisschen wachzurütteln", sagt er.

Wachrütteln

Wachrütteln zunächst einmal, damit Produzenten und Handel die Mehrwertsteuererhöhung zur Jahreswende 2006/2007 nicht wieder nutzen, um die Preise zu erhöhen, so wie das teilweise bei der Euro-Einführung fünf Jahre zuvor passiert war.

Es ist ihm ein Anliegen, Abzockereien zu verhindern, nicht nur im Zusammenhang mit politischen Ereignissen: Eigentlich sei er auch in seiner Freizeit ausgelastet, sagt der gebürtige Oberhauser, der sich kürzlich ein altes Haus gekauft hat, das er nun am Wochenende umbaut.

Dennoch habe es ihn gereizt, mit einigen anderen Wunderknaben den inzwischen eingetragenen Verein Teuerfahnder als Sprachrohr der Opfer von Nepp, Mauschelei und Beutelschneiderei zu gründen. Und es reizt ihn noch immer. Die verbliebenen seiner zeitweise 3000 freiwilligen Helfer mit dem Sheriff-Stern im Logo auf dem T-Shirt sollen deshalb noch nicht ausgemustert werden.

Auf der Internet-Seite veröffentlicht

Ihre Arbeit hat sich bewährt. Hunderte von Preisen hatten sie vor und nach der Mehrwertsteuererhöhung nach Erkrath gemeldet, wo sie von Proch und seinen Kollegen ausgewertet und auf der Internet-Seite der Teuerfahnder veröffentlicht wurden.

Schon vor der Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Sommer seien die ersten Teuerfahnder ausgeschwirrt. So habe sich denn auch später der Verdacht bestätigt, dass es die saftigsten Preisaufschläge während der WM gegeben habe. Zur Jahreswende hätten sich dann diese Händler bei der Mehrwertsteuerhöhung als preispolitische Tugendbolde präsentiert.

Den meisten half das wenig, denn die Leute mit dem Sheriff-Stern klebten ihnen rote Aufkleber mit Texten wie "Stop - entlarvter Mwst-Preistreiber" an ihre Schaufensterscheiben. Allerdings gab es auch Lob auf grünen Labels: "Hier geht man fair mit der Mwst-Erhöhung um", konnte man mitunter schon einige Schaufenster weiter lesen.

Tom Proch war in diesen Wochen bekannt, und so zahlte sich die Aktion auch für ihn selbst aus, indem sie ihm eine gewisse Prominenz bescherte. Fast alle Fernsehkanäle beschäftigten sich mit ihm und animierten ihn dazu, die Schaufensterscheiben in einigen Großstädten mit den Teuerfahnder-Aufklebern zu versehen.

Nicht immer ein Spaß

Das sei zwar nicht immer ein Spaß gewesen, sagt Proch. Juristische Auseinandersetzungen seien ihm und den Teuerfahndern jedoch bisher erspart geblieben.

Dabei habe es auch einige "dicke Hunde" an irreführender Werbung gegeben. So etwa bei der Edeka-Gruppe, die damit geworben habe, gänzlich auf eine Erhöhung zu verzichten. Proch: "Ein Witz, denn die fielen ja ausschließlich unter den ermäßigten Steuersatz, der nicht erhöht wurde. Das war die reinste Volksverdummung".

Inzwischen sitzt Tom Proch wieder an seinem regulären Arbeitsplatz bei den Wunderknaben und beschäftigt sich mit dem täglichen Brot eines Werbefachmanns. Die Fernsehteams lassen sich in Erkrath längst nicht mehr so oft blicken, denn das Thema Mißbrauch der Mehrwertsteuerhöhung ist für sie längst abgehakt.

Neue Aktionen

Proch plant derweil nebenbei schon wieder neue Aktionen, mit denen er in Kürze wieder öffentlich auf sich und die Teuerfahnder aufmerksam machen will. Es soll um Dauerbrenner in der Preispolitik des Handels gehen.

Genaues ist noch nicht zu erfahren, einige Stichworte gibt Proch aber schon preis: Unverbindliche Preisempfehlungen, Mogelpackungen, getürkte Pauschal- und Schnäppchenpreise, unzulässige Preisvergleiche bildeten Eckpunkte für künftige Kampagnen, die vor allem in Zusammenarbeit mit dem TÜV-Rheinland gestartet werden sollten.

"Wir sind als Werbeagentur nun einmal politisch interessiert und uns ist es deshalb nicht gleichgültig, was da draußen passiert. Deswegen machen wir solche Sachen", sagt Proch. Eines scheint ihm allerdings klar: die Aktionen der Teuerfahnder müssen auch künftig spektakulär sein, wenn sie zugleich Werbung für die kreativen Wunderknaben von Erkrath sein sollen.

© SZ vom 31.07.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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