Kali und Salz:Potash sagt Servus

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Die EU-Kommission will, dass künftig mehr Geld in den klimafreundlichen Umbau von Europas Wirtschaft fließt. (Foto: Uwe Zucchi/dpa)

Der kanadische Kali-Produzent will die deutsche K+S nicht mehr übernehmen. Management und Beschäftigte zeigen sich erleichtert.

Von Helga Einecke, Frankfurt

Der kanadische Düngemittelkonzern Potash gibt seine Absicht auf, den deutschen Konkurrenten K+S zu übernehmen. Er begründet seinen Rückzieher mit den stark gefallenen Rohstoffpreisen und dem Widerstand der K+S-Manager. Die K+S-Aktie verlor daraufhin am Montag mehr als 20 Prozent an Wert und war der mit Abstand größte Verlierer im Dax.

Am K+S-Firmensitz in Kassel reagierten das Management und die um ihre Arbeitsplätze bangende Belegschaft mit großer Erleichterung. "Dieser Schritt schafft Klarheit. Wir sind überzeugt davon, dass wir unser Unternehmen langfristig erfolgreich weiterentwickeln können. Wir sind stark bei Kali und bei Salz", sagte Vorstandschef Norbert Steiner. Er versprach den Aktionären ein spürbares Wachstum.

Potash hatte vor drei Monaten sein Interesse an K+S öffentlich gemacht. Die Kanadier gaben nie ein offizielles Angebot ab, sondern umwarben nur die Manager, den Aufsichtsrat sowie die hessische Landesregierung. Angefangen hatte wohl alles schon vor einem Jahr mit einem Gespräch zwischen Steiner und Potash-Chef Jochen Tilk, einem Deutschen.

In diesem Sommer boten die Kanadier dann einen Preis von 41 Euro je Aktie. Dieser lag weit über dem durchschnittlichen Aktienkurs der vorangegangenen zwölf Monate und entsprach einem Unternehmenswert von acht Milliarden Euro. Die Manager in Kassel lehnten das Angebot rundweg ab. Sie argumentierten, der Preis sei nicht hoch genug und beinhalte vor allem nicht den Wert eines neuen Kalivorkommens in Kanada, das K+S gerade unter dem Projektnamen "Legacy" für mehrere Milliarden Euro erschließt. Und Steiner legte dann noch nach: In einer Video-Botschaft an Mitarbeiter und Aktionäre sagte er, Potash habe in den Boom-Jahren Überkapazitäten aufgebaut und wolle diese nun mit K+S aus der Welt schaffen. Die Potash-Werke in Kanada produzierten zu deutlich geringeren Kosten als die deutschen Standorte, seien aber nicht ausgelastet. Deshalb mache es für Potash im Fall einer Übernahme wenig Sinn, die deutschen Werke im bisherigen Umfang weiter zu betreiben. Den Preis von 41 Euro je Aktie nannte Steiner ironisch "fantastisch". Er beinhalte weder Legacy noch die Synergien eines Zusammenschlusses. K+S brauche Potash nicht und sei allein stark genug.

Die Aktie von K+S verlor am Montag mehr als 20 Prozent an Wert

Das sieht Potash vollkommen anders. Gemeinsam hätte man auf längere Sicht über größere finanzielle Ressourcen verfügt und von mehr Regionen und Produkten profitiert. Außerdem habe es durchaus umfassende und glaubhafte Zusagen an die Mitarbeiter, die Gewerkschaften und für die Standorte gegeben. "Wir haben einen angemessenen und fairen Vorschlag gemacht ", betonte Tilk nun noch einmal im Rückblick. Seither habe sich aber das Umfeld geändert, die Rohstoff- und Aktienmärkte hätten deutlich nachgegeben. Unternehmen in der Kali-Branche machten Kurseinbrüche von fast 40 Prozent zu schaffen. "Angesichts dieser Marktbedingungen und der fehlenden Unterstützung seitens des K+S-Managements sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es nicht länger im Interesse unserer Aktionäre liegt, den Zusammenschluss weiterzuverfolgen", so der Potash-Chef.

In einem Brief an den K+S-Aufsichtsrat zeigte er sich auch persönlich enttäuscht. Strategisch hätten sich beide Unternehmen zusammen für die Herausforderungen des weltweiten Kali-Marktes wappnen können. In vier Briefen an die K+S-Manager habe er ein ganzes Maßnahmenbündel vorgelegt. Dazu hätten der Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen und Grubenschließungen in Deutschland für einen Zeitraum von fünf Jahren gehört. "Diese Zusagen hätten den Betroffenen deutlich mehr Schutz geboten, als dies derzeit der Fall ist", sagte Tilk an die Adresse der Beschäftigten. Außerdem sei die Zusage verbindlich und nicht an Bedingungen geknüpft gewesen.

Erleichtert dürften eine ganze Reihe von deutschen Landespolitikern sein, die sich gemeinsam hinter den K+S-Vorstand gestellt hatten und die die Sorge um Arbeitsplätze umtrieb. Denn K+S ist in Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen ein wichtiger Arbeitgeber, auch wenn es immer wieder zu Streitigkeiten über die erforderliche Entsorgung der Abfälle aus den Gruben gibt.

Die besondere Pointe an dem Potash-Rückzug liegt Jahrzehnte zurück. Damals gehörte K+S dem Chemieunternehmen BASF und sollte für 250 Millionen Mark an die Kanadier verkauft werden. Alles war perfekt, aber die Übernahme scheiterte, damals am Widerstand des Kartellamts. Die K+S-Manager haben jetzt zwar den kanadischen Begehrlichkeiten erneut einen Riegel vorgeschoben, aber sie müssen auch liefern. Analysten sehen die Mannschaft um Steiner nämlich noch mehr als bisher unter Druck, den Wert des Unternehmens zu verbessern.

Schon gleich nach dem Übernahmeangebot hatten viele gefragt, warum der Wert der Aktie die wahre Substanz von K+S nicht widerspiegele und deshalb Käufer anlocke. Marktbeobachter gehen davon aus, dass Potash seine Förderkapazitäten mit seinen niedrigen Produktionskosten ausweitet und damit die Kali-Preise weiter auf Talfahrt schickt. Tatsächlich beherrschen wenige große Anbieter aus Russland, Weißrussland, den USA und Kanada den weltweiten Kali-Markt, und die Preise schwanken stark mit dem Angebot. K+S bekam dies vor zwei Jahren zu spüren, als das Angebotskartell der Konkurrenten aus Russland und Weißrussland zerbrach und die Preise drückte. Damals ging der Kurs der K+S-Aktie ebenfalls auf Talfahrt und erholte sich erst allmählich wieder.

© SZ vom 06.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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