Josef Ackermann:Vom Star zum Buhmann

Lesezeit: 2 min

Der Chef der Deutschen Bank steckt in einer tiefer Krise.

Caspar Busse

Josef Ackermann ist ein guter Klavierspieler, und er gilt als leidenschaftlicher Opernfan. Auf den Bühnen der Welt hat der mächtige Chef der Deutschen Bank schon so manches Drama miterlebt. Jetzt ist der Schweizer selbst der Hauptakteur im Schauspiel um die Deutsche Bank.

Er steckt in der wohl tiefsten Krise, seit er im Mai 2002 die Führung bei Deutschlands größter Bank übernommen hat. Der Bundesgerichtshof entscheidet am Mittwoch über eine mögliche Wiederaufnahme des Mannesmann-Prozesses.

Ackermanns Juristen werden ihn telefonisch auf dem Laufenden halten. Denn der Bankchef selbst wird voraussichtlich in München sein - bei einem Treffen der Initiative Finanzplatz Deutschland mit Vorstandskollegen anderer Finanzinstitute.

Angst ums Image

Der 57-jährige, der auch Joe genannt wird, gehört mit einem Jahresgehalt von mehr als zehn Millionen Euro nicht nur zu den bestbezahlten Managern Deutschlands, er ist auch einer der umstrittensten. Immer wieder steht er im Zentrum der öffentlichen Kritik, er ist eine Reizfigur.

Im Februar etwa verkündete er einen Milliardengewinn - und den Abbau von mehr als 6000 Arbeitsplätzen. Ein Sturm der Entrüstung war die Folge, doch Ackermann wich nicht von seiner Linie. Auch sein provokantes Victory-Zeichen vor Beginn des Mannesmann-Prozesses sorgte für Empörung.

Einen neuen Rückschlag erlebte der promovierte Wirtschaftswissenschaftler in der vergangenen Woche. Die Deutsche Bank schloss den offenen Immobilienfonds Grundbesitz Invest.

Ein bisher einmaliger Vorgang, mehr als 300.000 Anleger kommen nun vorerst nicht an ihr Geld. Kunden, Politiker und Frankfurter Konkurrenten laufen Sturm. Sie befürchten einen irreparablen Schaden für die Branche. Die Aktie ging nach unten. Schließlich machte Ackermann einen Rückzieher und kündigte eine Entschädigung für Anleger an.

Bisher galt der Banker intern weitgehend als unumstritten. Er baute den Konzern um, verkaufte Beteiligungen, legte Rekordzahlen vor und ist auf dem Weg zu seinem Ziel - eine Eigenkapitalrendite vor Steuer von 25 Prozent. Aber die Grundbesitz-Affäre hat Ackermann nun offenbar auch intern geschadet.

Zu groß ist in der Deutschen Bank die Angst vor Imageschaden. Kritiker behaupten, einen weiteren Fehler könne er sich nicht mehr leisten. Manche vermuten schon, Ackermann würde seinen Rückzug ankündigen, sollte der BGH für eine vollständige Wiederaufnahme des Mannesmann-Verfahrens sorgen. Eine erneute Gerichtsverhandlung - möglicherweise über Monate - wäre für ihn untragbar, heißt es. Bei der Bank gibt es keinen Kommentar zu solchen Spekulationen.

Vielleicht aber will Ackermann auch beweisen, dass er es durchsteht. Denn völlig offen wäre, wer ihm an der Konzernspitze nachfolgen könnte. Zumindest einen offiziellen Kronprinzen gibt es nicht. In einem Interview sagte Ackermann dazu vor wenigen Monaten vielsagend: "Wir haben, wie jedes gut geführte Unternehmen, eine Nachfolgeregelung. Schließlich ist es immer möglich, dass einem Vorstandschef etwas zustößt."

© SZ vom 20.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: