Jahresbericht des Bundesrechnungshofs:"Steueroase" Rotlichtmilieu

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Der Bundesrechnungshof hat in seinem Jahresbericht auf Einsparpotenziale in Milliardenhöhe im Bundeshaushalt hingewiesen. Zudem würden vor allem Steuern nicht konsequent genug eingetrieben.

Zuwendungen des Bundes und die Vergabe von öffentlichen Aufträgen würden unzureichend kontrolliert, Verwaltungen fehle der Anreiz, mit öffentlichen Mitteln sparsam umzugehen und manche Steuern würden nicht konsequent eingetrieben.

Einige Beispiele:

- Das Robert-Koch-Institut ließ seine Chefetage in Berlin für rund 750.000 Euro aufwendig umbauen und ausstatten. Dabei wurde neuer Büroraum für den Vizepräsidenten und seine Bürokraft geschaffen. Allein Glaselemente und Leuchten im Präsidentenzimmer kosteten 25.000 Euro. Der Umbau war aber im Haushaltsplan nicht vorgesehen. Auch hatte das Parlament noch nicht entschieden, ob es einen Vizepräsidenten geben wird. Die Leistungen wurden ohne Ausschreibung vergeben und waren letztlich drei Mal teurer als geplant.

- Die nach dem Gesetz unstreitig verpflichtende Besteuerung im Rotlichtmilieu wird - wenn überhaupt - sehr unterschiedlich umgesetzt. Der so entstehende Einnahmeausfall für Bund und Länder wird auf mehr als zwei Milliarden Euro jährlich geschätzt. Dem Finanzministerium wird geraten, für eine bundeseinheitliche, konsequente Vorgehensweise der Finanzverwaltungen zu sorgen.

- Einsparpotenzial gab es bei der Beschaffung eines neuen Schützenpanzers für die Bundeswehr. Über eine Anpassung der Stückzahl an den tatsächlichen Bedarf und die höhere Leistungsfähigkeit der neuen Panzers, präzise Vertragsbedingungen und den Verzicht auf unnötig hohe Anforderungen hätten sich zwei Milliarden Euro sparen lassen.

- Die Appartements einer mit staatlichen Mitteln gebauten Tagungsstätte wurden über viele Jahre vorwiegend als Ferienwohnungen vermietet, ohne dass der Bund davon wusste. Er hat daher auch nicht dafür gesorgt, dass die erzielten Einnahmen zurückfließen.

- Starre Regeln des Wasserstraßengesetzes, die keinen Spielraum für Wirtschaftlichkeit lassen, verhinderten kostengünstige Lösungen beim Neubau von Brücken über dem erweiterten Mittellandkanal. Die Kommunen waren bereit, auf die Wiederherstellung einiger Brücken in alter Breite zu verzichten. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes sah aber keine Möglichkeit, die Kommunen am wirtschaftlichen Vorteil zu beteiligen. Diese verlangten daher, die Brücken in ihrer ursprünglichen Breite wiederherzustellen. Dabei kam es zu unsinnigen Bauten, wie einer 7,50 Meter breiten Fahrrad-Brücke. Insgesamt hätten Ausgaben in Höhe von 3,6 Millionen Euro gespart werden können.

- In einigen Ländern wird nicht sorgfältig genug geprüft, ob die Versicherungsteuer von den Unternehmen korrekt und vollständig abgeführt wird. Es mangelt dort vor allem an ausreichendem Personaleinsatz. Dem Bund, dem diese Steuer vollständig zusteht, entgehen Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe.

- Die Bundeswehr betreibt nach Meinung der Prüfer überdimensionierte Munitionslager und Vorratshaltung bei Auslandseinsätzen. Wenn die Industrie Waren nicht in Verpackungsgrößen lieferte, die den Vorgaben der Bundeswehr entsprachen, wurden Waren umgepackt und kleine Verpackungen teils selbst gefertigt. Selbst diese entsprachen aber nicht immer dem Bedarf. So wurden Tausende Unterlegscheiben zu je 100 Stück in Plastiktütchen verpackt. Danach schütteten Truppenteile die Scheiben wegen des dort hohen Verbrauchs wieder zusammen.

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